Max (Max Rüdlinger) sitzt in der Beiz vor seinem Café Crème, während Aschi (Gilles Tschudi) tüchtig bechert. Unter einem Halben Roten macht er es nicht. Der andere ältere Gast, der bilingue Welsche Tinou (Roger Jendly), sollte ebenfalls weniger trinken.
Mehr oder weniger gestrandete Menschen versammeln sich da als illustre Stammgäste in der «Jungfrau». Originelle Typen, schrullige Charaktere, dem ordentlichen Leben etwas abhanden gekommen. Die Beiz fungiert als eine Art Stubenersatz. Für warme Mahlzeiten begibt man sich in die städtische Einrichtung «Spysi» mit Endo Anaconda als strengem Küchenchef.
Träumen von anderswo
Draussen mitten auf der Brücke bei der Buvette von Eva (Sabine Timoteo) genehmigt Tinou sich zitternd noch ein Bier. Aber bald ist Schluss. Das Problem ist die Leber. Max, der Lebensweise, weiss: «D Seel vom Mönsch isch ned im Härz – i de Läbere.» Und auch dies: «D Läbere isch s Fundamänt für Freiheit.» Kellner Istvan hat auch einen guten Satz auf Lager, erst noch gereimt: «Die ungarische Seele steckt in der Kehle.» Tinous Lieblingsspruch lautet: «Scheiss der Hund drauf.»
So hocken sie in der Beiz und träumen von anderswo. Einen Anstoss dazu, es mit Fortgehen zu versuchen, liefert Aschis verlorener Sohn Sean aus Kapstadt. Eva hat in ihrer Buvette Internet, und so nimmt der erwachsene Sean per Skype mit seinem Vater in Bern Kontakt auf. Sean lädt Aschi zu sich nach Südafrika ein.
Eines Abends ist es so weit. Tinou erhält in der Beiz einen Anruf und muss ins Spital.
Tinous Erklärung: «Hier gehts um Leber und Tod.» Die Transplantation steht an.
Das Hauptpersonal findet man in farbiger Umgebung wieder. Tatsächlich wechselt der Film von schönem, brillantem Schwarz-Weiss zu Farbe. Das sind die erträumten Szenen. Aschi und Tinou fahren mit dem Frachtschiff Richtung Südafrika. Doch sie kommen nur bis in den Senegal. Der Song, den eine schwarze Band in einem Lokal gerade spielt, erinnert verdächtig an den Berner Mundarttitel «Scharlachrot». Die Affiche verrät denn auch: «Ce soir: Souleymane Faye chante Büne Huber». Jemand stirbt im Traum. Schafft es Aschi ausserhalb des Traums wirklich, nach Südafrika aufzubrechen? Und mit wem? Was ist das Schicksal der Titelfigur Tinou?
Antworten finden sich in dieser anspielungsreichen, sympathischen kleinen Komödie, die Heiterkeit verbreitet und gleichzeitig nachdenklich stimmt.
Schicksalsschläge
Der Berner Res Balzli, der seit Jahrzehnten Filme produziert, debütiert hier mit 63 Jahren als Spielfilmregisseur. Dabei wurde er selbst mit realen Schicksalsschlägen konfrontiert. Im Film zieren Porträt-Gemälde eine Wand im Restaurant Jungfrau. «En souvenir de …» wird eingeblendet, dazu die Namen: Carlo Varini, als Kameramann vorgesehen, ist im Mai 2014 vor Drehbeginn tödlich verunglückt.
Co-Drehbuchautor Johannes Flütsch ist im April 2014 verstorben. Der befreundete Filmemacher Peter Liechti ist zur gleichen Zeit seinem Krebsleiden erlegen.
Tinou
Regie: Res Balzli
Ab Do, 21.4., im Kino