Zeitgenössische Schweizer Tanztage 2011 Querschnitt durchs Tanzschaffen
In Bern findet vom 3.–6. März zum achten Mal das «Schaulaufen» der einheimischenTanzszene statt. Zu sehen ist die ganze Palette an tänzerischen Ausdrucksformen.
Inhalt
Kulturtipp 05/2011
Maya Künzler
Wer sich ein Bild des aktuellen helvetischen Tanzschaffens machen will, trifft in Bern auf die besten Voraussetzungen. 13 von einer Jury ausgewählte Kompanien aus der deutschen und französischen Schweiz zeigen – neben einer Premiere des Bern:Ballett – ihre aktuellen Produktionen.
Das Programm bietet die ganze Bandbreite künstlerischer Ästhetiken von konzeptionell inspirierten Arbeiten über rein physischen Tanz bis hin zu tanztheatralen Performances. S...
Wer sich ein Bild des aktuellen helvetischen Tanzschaffens machen will, trifft in Bern auf die besten Voraussetzungen. 13 von einer Jury ausgewählte Kompanien aus der deutschen und französischen Schweiz zeigen – neben einer Premiere des Bern:Ballett – ihre aktuellen Produktionen.
Das Programm bietet die ganze Bandbreite künstlerischer Ästhetiken von konzeptionell inspirierten Arbeiten über rein physischen Tanz bis hin zu tanztheatralen Performances. So lassen die Spanierin La Ribot und ihre beiden Mittänzerinnen die Kamera tanzen, während sie sich im Zeitlupentempo bewegen und dabei eine amüsante Gruppenlesung voller Irritationen veranstalten.
Dagegen wirbeln die 14 Mitglieder der Cie. Alias ohne Ende über die Bühne: Ein Bewegungsstrom, ein Kraftakt, der sich vollzieht. Der brasilianische, in Genf beheimatete Choreograf Guilherme Botelho hat mit seinem Stück «Sideways rain» eine mitreissende Metapher für die Urkraft des Lebens gefunden.
Etabliertes und Junges
Eugénie Rebetez aus dem Jura steht für eine junge Generation Tanzschaffender, so selbstbewusst wie fragil. In ihrem Solo «Gina» hat sie eine Figur geschaffen, die viel mit ihr selbst zu tun hat. Sie erzählt deren Leben unter Einsatz ihrer ganzen Körperlichkeit: Sie singt und tanzt, so unwiderstehlich vital und komisch.
«Wir streben eine Durchmischung von etablierten und jungen Gruppen an. Das allererste Kriterium bei der Auswahl aber ist die Qualität», erklärt Roger Merguin, Co-Leiter der Dampfzentrale und für das Programm verantwortliches Jurymitglied. Keine leichte Aufgabe, aus einer riesigen Anzahl Bewerbungen die relevanten herauszupflücken und einen repräsentativen Querschnitt des Schweizer Tanzschaffens zusammenzustellen.
Ob klassisch oder zeitgenössisch, Tanz war schon immer international aufgemischt. In den Produktionen finden sich brasilianische, spanische oder koreanische Künstlerinnen, die in der Schweiz ihre Heimat gefunden haben und zur hiesigen Szene zählen. Ebenso sind genuin schweizerische Namen vertreten, die aber – wie Anna Huber zum Beispiel – jahrelang in Berlin gelebt und sich dort ihre Karriere aufgebaut haben.
Eine für den Tanz typische Biografie bringt auch der in Bern geborene Chris Leuenberger mit. Er studierte erst in Kalifornien, schloss dann eine Tanzausbildung in Amsterdam ab, wo er seither – neben Berlin und Bern – in verschiedenen Kompanien tanzte. «Eine unserer Überlegungen bei der Programmation war, die im Ausland tätigen Schweizer Tanzschaffenden über das Festival hinaus wieder etwas mehr an die Schweiz anzubinden», meint Merguin dazu.
Mit Sprengkraft
Besonders hoch sind die Erwartungen bei den beiden Uraufführungen von Gilles Jobin und Anna Huber. Letztere hat mit ihren aussergewöhnlichen Raum- und Körperexperimenten 2002 die höchste Schweizer Theaterauszeichnung, den Hans Reinhart-Ring, erhalten. Für ihre jüngste Arbeit hat sie sich mit dem bildenden Künstler Yves Netzhammer zusammengetan – eine Kooperation, die garantiert gewohnte Sichtweisen sprengen wird.