Youn Sun Nah - Von Seoul über Paris an die Stanser Musiktage
Die Koreanerin Youn Sun Nah eröffnet die Stanser Musiktage – als eine Vertreterin der klingenden Frankofonie. Am Nidwaldner Festival fliessen einmal mehr die globalen Kulturströme zusammen.
Inhalt
Kulturtipp 08/2012
Frank von Niederhäusern
Das glaubt nur, wer es erlebt hat: Seit 18 Jahren wandelt sich Stans, der idyllische Hauptort Nidwaldens, eine Frühlingswoche lang zum klangkulturellen Babylon. Das ganze Dorf präsentiert sich als Festgelände, in dem sich Einheimische und Angereiste – insgesamt gegen 30 000 Leute – in regem Austausch treffen. In und um diese weltoffene Flanier- und Schlemmermeile locken ein gutes Dutzend Bühnen mit gegen 70 Konzerten.
Das glaubt nur, wer es erlebt hat: Seit 18 Jahren wandelt sich Stans, der idyllische Hauptort Nidwaldens, eine Frühlingswoche lang zum klangkulturellen Babylon. Das ganze Dorf präsentiert sich als Festgelände, in dem sich Einheimische und Angereiste – insgesamt gegen 30 000 Leute – in regem Austausch treffen. In und um diese weltoffene Flanier- und Schlemmermeile locken ein gutes Dutzend Bühnen mit gegen 70 Konzerten.
Die Stanser Musiktage bieten einen Mix aus Jazz, Pop, World- und Volksmusik, der eine extravagante Programmierung erfordert. Heuer gibt es vor allem Bands und Künstlerinnen aus Kamerun, Armenien und New York zu entdecken.
Zwölfmal Frankofonie
Offizieller Schwerpunkt ist die Frankofonie, wobei in der zwölfteiligen Konzertreihe auch der Tscheche Jan Vaclav Vanek, der Chinese Wang Li oder der Argentinier Melingo zu hören sind. Musikschaffende aus aller Welt, die in Frankreich das Zentrum ihres musikalischen Lebens gefunden haben (siehe Box).
In Paris lebt seit bald zwanzig Jahren Youn Sun Nah. Die 1969 in Seoul geborene Sängerin hat dort ihre zweite Heimat gefunden – auch musikalisch. War sie in Korea als Folklore- und Musicalsängerin bekannt geworden, wandte sie sich in Paris andern Genres zu. An der renommierten Ecole Jazz et Musiques Actuelles studierte sie Jazz und Chanson, später klassische Musik an verschiedenen Konservatorien. Bald konzertierte sie in Clubs und gab 2001 ihr erstes eigenes Album heraus.
Bis heute folgten sechs weitere, wobei «Same Girl», die aktuelle CD von Youn Sun Nah, 2010 an die Spitze der französischen Jazz- und Pop-Charts schnellte. «Same Girl» wurde zudem mit dem Korean Music Award, dem Deutschen Echo und zahlreichen weiteren Preisen ausgezeichnet.
Was wenig überrascht, denn auf dem Album spielt die Sängerin all ihre Qualitäten aus. Sie spannt einen weiten Bogen von altbekannten Standards über asiatische Folklore bis zu groovy Worldpop. Youn Sun Nah tut dies mit einer Stimme, die in ihrer samtenen Fülle eher an schwarzen Soul als koreanische Hymnik erinnert und in ihrer weiten Spanne wie Dynamik den akademischen Unterbau erahnen lässt.
Vielseitig arrangiert
Hinzu kommt, dass Youn Sun Nah ein glückliches Händchen hat für Arrangeure und Produzenten. Zum Jazz-Standard «My Favorite Things» von Rodgers/Hammerstein begleitet sie sich selbst nur mit dem afrikanischen Daumenklavier Kalimba. Den Song «Enter Sandman» von Metallica beginnt sie flüsternd zu zart gezupfter Akustikgitarre. Opulent orchestriert und groovend dagegen «Breakfast in Baghdad» von Ulf Wakenius. Mit dem schwedischen Gitarristen, Arrangeur und Produzenten arbeitet Youn Sun Nah seit 2009 zusammen. Im Duo mit ihm gastiert sie nun in Stans und Zürich. Den dritten Schweizer Auftritt am Festival Cully Jazz freilich bestreitet Youn Sun Nah mit ihrem Quartett.
Frankofone Stimmen an den Stanser Musiktagen
Mit der frankofonen Spezialschiene möchten die Stanser Musiktage Begegnungen mit Künstlern ermöglichen, die jenseits des erweiterten Röstigrabens am Werk sind.
Tatsächlich sind Juliette, Maïa Vidal oder Titi Robin bereits in der Romandie einem breiten Publikum bekannt, in der Deutschschweiz aber noch zu entdecken.
Juliette hat sich der französischen Chansontradition verschrieben. Die Enkelin alge- rischer Emigranten gestaltet ihre Konzerte als bunt-fidele Performances. In Stans wird die 50-jährige Sängerin und Pianistin am Mo, 16.4., im Kollegium St. Fidelis ihr neues Album «No parano» vorstellen.
Als Kontrapunkt dazu wirkt Maïa Vidal mit ihrer zierlichen Mädchenstimme. Doch die US-Französin vermag mächtig aufzutrumpfen, wenn sie zum Akkordeon, zur Gitarre oder einem anderen ihrer zahlreichen Instrumente greift. Vidal wird mit ihrem Trio am Fr, 20.4., im Theater an der Mürg spielen.
Nochmals ganz anders klingt Sandra Nkaké, die am Mo, 16.4., im Engel-Club auftritt. Die in Kamerun geborene Sängerin zählt zu Frankreichs vielversprechendsten Nu-Soul-Stimmen. Ihre Landsfrau Kareyce Fotso dagegen, die am Fr, 20.4., solo im Chäslager zu hören sein wird, ist eher «traditioneller» Afromusik verpflichtet. Sie spielt Gitarre, Perkussionsinstrumente, aber auch Daumenklavier. Die nicht weniger exotische Maultrommel spielt Wang Li am Sa, 21.4., im Unteren Beinhaus. Wie Youn Sun Nah (siehe Haupttext) hat der Chinese seine ferne Heimat schon früh verlassen und lebt seit 2001 in Paris.
Fast genauso weit gereist ist Melingo. Der Argentinier verlinkt die Eleganz des Tango mit ungehobeltem Rock’n’Roll und kurligen Texten. Seiner rauen Stimme wegen gilt er auch als «Tom Waits des Tango». Er spielt mit seinem Sextett am Fr, 20.4., im Kollegium St. Fidelis.
[CD]
Youn Sun Nah
Same Girl
(ACT 2010).
[/CD]