«Immer wenn ich eine grosse Liebe hatte / sagte der Mann / war sie wie die Knospe einer Lilie / aber mit der Zeit hiess sie Renate.» Das ist einer von rund 200 überraschenden Satzkreationen aus Herta Müllers neuem Collagen-Buch. Aus Zeitungen und Zeitschriften hat die rumänisch-deutsche Autorin Wortschnipsel ausgeschnitten und diese – wie in einem anonymen Brief – zu ganzen Sätzen zusammengeklebt. Daraus entstanden ist Schnipsel-Poesie, die nur auf den ersten Blick dadaistisch wirkt. Oft sind die kleinen, mit einem Bildausschnitt ergänzten Sprach-Kunstwerke heiter bis skurril, manche offenbaren nach kurzem Nachsinnen aber auch Bedrückendes: «Zeig nur nicht wie nervös du bist / bleib ruhig wie ein Kuchenteig / dort vorne geht der Polizist», heisst es etwa.

Herta Müller hat in ihren Werken meist über die Grauen der rumänischen Ceausescu-Diktatur geschrieben. Auch in ihrem inzwischen vierten Collagen-Buch scheinen diese Themen zwischen den Zeilen immer wieder durch.

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Herta Müller
«Vater telefoniert mit den Fliegen»
192 Seiten (Hanser 2012).
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