Das Setting deutet auf kargen Musikgenuss hin. Links auf der Bühne ein einsamer Stuhl, davor liegt ein Cello, in der Ecke steht ein Kontrabass. Damit hat es sich: keine Notenständer, keine Kabel oder Fusspedale, ein einziges Sprechmikrofon. Dann tauchen aus dem Saaldunkel Evelyn und Kristina Brunner auf, beide strahlend und mit Schwyzerörgeli im Arm. Evelyn krallt sich den Bass, Kristina setzt sich mit ihrem Örgeli hin – und los gehts mit lüpfiger Musik.
Örgeli, Cello, Kontrabass und viel Inspiration
Ihre Stücke tragen fröhliche Titel wie «Birkentanz», «Mailänderli» oder «Berner Pölki». Und nach Polka, Ländler, Marsch klingen sie auch, kippen nach wenigen Akkorden aber in ungewohnte Harmonien. Wenn die beiden Schwestern einen Walzer anstimmen, entwickelt sich dieser alsbald zur Musette oder zu groovendem Gypsyswing. Ihre Polkas stolpern durch Jazzsynkopen, die Ländler duften nach finnischen Birkenwäldern oder bretonischer Meeresbrise.
Solche Fusionen gehören seit den 90er-Jahren zum «guten Ton» der neuen Schweizer Volksmusik. Lanciert hatten sie Bands wie Pareglish, Max Lässers Überlandorchester oder diverse Formationen des Luzerners Albin Brun. Die Brunner-Schwestern aber pflegen die Eigenart, dass sie nebst dem Schwyzerörgeli zu bauchigen Zweitinstrumenten greifen: Kristina (25) zum Cello, Evelyn (28) zum Kontrabass. Aus diesen Wechselspielen entwachsen ganz eigene Klangfarben und Grooves.
Seit früher Kindheit haben die beiden Thunerinnen Volksmusik im Ohr. Noch nicht schulreif, gehörten sie zu den Stubeten im Elternhaus. Sie griffen zu kleinen Schwyzerörgelis und spielten nach, was sie gehört hatten. «Im Gymer dann», erzählt Kristina, «haben wir andere Musik kennengelernt.» Sie selbst fand Inspiration bei der finnischen Akkordeonistin Maria Kalaniemi. Schwester Evelyn hörte sich durch Pop, Rock, Jazz. «Als Teenager kehrte ich bereits zur Volksmusik zurück», erinnert sich Evelyn Brunner. Wenig später experimentierte das Schwesternpaar – «wir sind bis heute in tiefer Freundschaft verbunden» – mit eigenen Stücken.
Beide studierten in Luzern, wo die Hochschule als Schweizer Unikat eine Abteilung Volksmusik führt. Dort lernten sie Exponenten der neuen Schweizer Volksmusik kennen wie Albin Brun oder Markus Flückiger. «Aber auch Jazzer und Klassiker», betont Evelyn Brunner und erwähnt ihr weites Netzwerk. Heute spielen beide in diversen Formationen zwischen Pop, Jazz und Klassik. Mit Hackbrettspieler Christoph Pfändler haben sie als Trio Stalldrang gerade die CD «Roots» eingespielt. Ihr Duo-Debüt heisst «Elementar». Die beiden Frauen gehen mit offenen Sinnen durch die Welt und integrieren Gehörtes und Erlebtes in ihre ureigene Volksmusik. Tradition und Innovation sehen sie nicht als Widerspruch. «Volksmusiker haben seit jeher Neues und anderes ausprobiert und in ihr Spiel integriert», sagt Kristina Brunner. «Dies führen wir auf unsere Art weiter.»
Konzerte
Sa, 23.6., 18.00 Kulturhof Sommerfestival Luzern
So, 19.8., 16.00 Moods (CD-Taufe Stalldrang)
www.evelyn-kristina-brunner.ch
CDs
Eveyln & Kristina Brunner
Elementar
(Eigenverlag 2018)
Stalldrang
Roots
(Zytglogge 2018)