Brian Jones, Mitgründer der Rolling Stones, war von einem Marokko-Aufenthalt geradezu traumatisiert. Er, Mick Jagger, Keith Richards und Anhang waren im März 1967 in den Maghreb gereist, um Abstand vom hektischen Rock Leben in England zu gewinnen. Man vergnügte sich mit Drogen, Sex und einheimischer Musik. Der Künstler und Schriftsteller Brion Gysin, der in den 1950er-Jahren in Tanger das legendäre Restaurant 1001 Nights betrieb, hatte die Idee, den Stones die einzigartige Musik aus dem Dorf Jajouka vorzustellen.
In der Sufi-Tradition stehend, praktizierten die Master Musicians im Atlasgebirge – zwei Autostunden von Tanger entfernt – eine rituelle, hypnotisch-betörende Trance-Musik mit Flöten, den oboenartigen Raitas und Trommeln.
Von seinen Freunden im Stich gelassen
Als Gysin allerdings die durchgeknallte englische Truppe erlebte, befand er, sie sei den Dorfbewohnern nicht zumutbar. Er blies den Ausflug ab. Als Brian Jones eines Tages ins Hotel zurückkehrte, waren Mick Jagger und Richards, ohne ein Wort zu sagen, nach Hause geflogen.
Trotz dieses unerfreulichen Erlebnisses bewahrte sich Brian Jones die Sehnsucht. Biograf Rich Cohen erinnert sich: «Es war der Ort, an dem er sich wirklich frei fühlte (…), er hatte sich in die Musik verliebt, in die marokkanische Küche, in das lockere Leben.»
Im Juli 1968 reiste Jones erneut nach Marokko. Von Tanger aus telefonierte er dem Toningenieur George Chkiantz nach London, er solle umgehend anreisen und zwei Uher-Tonbandgeräte mitbringen. So fuhr man schon am nächsten Tag per Taxi nach Jajouka. Nach einem Tag und einer Nacht waren fünf Stunden Musik im Kasten.
Chkiantz mischte die Aufnahmen und schickte sie an das Büro der Stones. Dort blieben sie liegen. Erst 1971 wurden sie unter dem Titel «Brian Jones Presents The Pipes Of Pan At Joujouka» veröffentlicht. Da war Jones schon tot: Er starb am 3. Juli 1969, auf den Tag genau ein Jahr nach seinem Besuch im Atlasgebirge.
Brian Jones – ein Pionier der Weltmusik
Stones-Biograf Stephen Davis schreibt: «Brian Jones ahnte die Weltmusik zehn Jahre vor ihrer Entstehung voraus und meinte, dass es sehr interessant klingen würde, wenn man Gitarrensolos über die Polyrhythmen aus Jajouka mische.» Tatsächlich wirkte Jones pionierhaft. Andere Musiker wurden auf das Ensemble aufmerksam, etwa Freejazzer Ornette Coleman.
Die Master Musicians gibt es inzwischen in zwei konkurrenzierenden Ensembles mit unterschiedlichen Schreibweisen («Jajouka», «Joujouka»). Die Master Musicians of Jajouka stehen heute unter der Leitung von Bachir Attar. 1968 war der Sohn des damaligen Ensemble-Chefs ein vierjähriger Knirps.
Zwei Jahrzehnte später flog Mick Jagger nach Tanger und mischte Aufnahmen mit den Master Musicians of Jajouka zum Song «Continental Drifter» auf dem Album «Steel Wheels» (1989).
Master Musicians of Jajouka
Leitung: Bachir Attar
Di, 25.4., 21.00Theater an der Mürg, Stans
Stanser Musiktage
Di, 25.4.–So, 30.4. Infos: www.stansermusiktage.ch