«Jetzt ist schon wieder was passiert.» Mit diesem Satz eröffnet Wolf Haas fünf der bisher acht Bücher mit Antiheld Simon Brenner: die Vertrautheit der Wiederholung. Vertraut ist neben der umwerfenden Hauptfigur der eigene, eigentümliche «Brenner-Sound», ein unverwechselbarer Erzählton. Er gehört der Erzählerstimme, einem Ich, das sich mit pseudophilosophischem, besserwisserischem Schwadronieren äussert. Dieses Erzähl-Ich kommentiert das Geschehen, es schweift ab, wendet sich direkt an die Leser («Das musst du dir einmal vorstellen.»).
Nicht zu viel Realismus
Das passiert alles, ohne dass es einem auf die Nerven geht. Denn dieser Kunstgriff des namenlosen Ich-Erzählers und seiner besonderen Sprache ist ironisch gemeint. Die Sprache ist auch grammatikalisch speziell, Sätze erscheinen in abgekürzter Form, immer wieder fehlt das Verb. («Jetzt leider Mord und noch einmal Mord. Jetzt leider sinnlose Zerstörung.»).
Simon Brenner ist ein Ex-Polizist, der sich mehr recht als schlecht als Privatdetektiv durchschlägt, in verschiedene Milieus gerät und persönlich von einer üblen Migräne gebeutelt ist. Ein typischer Verlierertyp.
Allzu viel Realismus will Wolf Haas nicht in seinen Büchern, besonders wendet er sich gegen Hyperrealismus. Nur ein Beispiel: Sein sympathischer Protagonist Brenner stammt aus Graz, genauer aus dessen Stadtteil Puntigam. Dahin kehrt er nicht ganz unfreiwillig zurück im soeben verfilmten sechsten Brenner-Buch «Das ewige Leben». Dazu Autor Haas: «Ich wollte, dass mein Detektiv daher kommt, wo ich selbst nie war.»
Wolf Haas selber stammt aus dem ländlichen Ort Maria Alm im Salzburger Land. Hier wurde er als Sohn eines kellnernden Ehepaars 1960 geboren. In der Stadt Salzburg besuchte er ein katholisches Internat, um anschliessend Germanistik zu studieren. Nach zwei Jahren als Universitätslektor in Wales begann er, in Wien als Werbetexter zu arbeiten. 1996 erscheint der Debütroman «Auferstehung von den Toten». Die Krimis von Wolf Haas entwickeln sich zu Bestsellern, er wird mehrfach preisgekrönt und auch vom Feuilleton geliebt und gelobt.
Sprache als Trick
Autobiografisch seien seine Brenner-Geschichten nicht geografisch, sondern in der Sprache, wie er einst erklärte: «Meine Geschichten sind in dem Sinne autobiografisch, dass ich mich in die Sprache meiner Herkunft zurückschwindle.» Die Sprache sei für ihn «offenbar ein Trick, meine Herkunft und die durch Bildung entstandene Gegenwart miteinander zu vereinbaren».
Wolf Haas veröffentlichte bis 2003 insgesamt sechs Brenner-Romane und verkündet, «Das ewige Leben» sei sein letzter Krimi. Glücklicherweise bleibt Haas inkonsequent und schreibt zwei weitere. Die Brenner-Romane muss man eigentlich alle lesen. Oder man fängt einfach mal an – und hört nicht mehr auf, weil süchtig geworden.
Krimis von Wolf Haas
Die ersten sechs Brenner-Romane 1996–2003
6 Bände in Kassette
(Hoffmann und Campe 2005).
Der Brenner und der liebe Gott
224 Seiten
(Hoffmann und Campe 2009).
Brennerova
240 Seiten
(Hoffmann und Campe 2014).