Wieder gelesen - Variantenspiel in zwei Fassungen
Das Theater Basel bringt «Biografie: Ein Spiel» auf die Bühne: Max Frischs seltsames und einstmals umstrittenes Stück.
Inhalt
Kulturtipp 21/2012
Frank von Niederhäusern
Februar 1968: Das Zürcher Schauspielhaus feiert die Uraufführung des «neuen Frisch». Das Publikum erwartet einen weiteren pointierten Kommentar seines Stadtautors zum rasanten Wandel der Gesellschaft. Doch «Biografie: Ein Spiel» hinterlässt Ratlosigkeit. Die Kritik ist irritiert. Der Autor verärgert.
Ausgerechnet am Vorabend der grossen Jugendunruhen lieferte Frisch eine Komödie ab, die einer neuen Ästhetik folgte. «Drama...
Februar 1968: Das Zürcher Schauspielhaus feiert die Uraufführung des «neuen Frisch». Das Publikum erwartet einen weiteren pointierten Kommentar seines Stadtautors zum rasanten Wandel der Gesellschaft. Doch «Biografie: Ein Spiel» hinterlässt Ratlosigkeit. Die Kritik ist irritiert. Der Autor verärgert.
Ausgerechnet am Vorabend der grossen Jugendunruhen lieferte Frisch eine Komödie ab, die einer neuen Ästhetik folgte. «Dramaturgie der Permutation» nannte Frisch, was die Bühne zum Versuchslabor machte, das Schauspiel zu Thema und Technik zugleich. Die Hauptfigur Hannes Kürmann bekommt von einem Spielleiter die Chance, sein Leben nochmals zu durchleben und in andere Bahnen zu lenken. Das Varianten-Spiel mit seiner Biografie treibt seltsame Blüten. Und immer wieder landet Kürmann in derselben Gegenwart. Mit «Biografie: Ein Spiel» hat Max Frisch zwei seiner literarischen Hauptthemen ad absurdum geführt. Auf der Bühne setzte er fort, was er bereits in seinen Romanen episch ausgebreitet hatte: Die Suche nach Identität und sein Verhältnis zu Frauen. Dieses – schwergewichtig auch in seinem letzten literarischen Text «Blaubart» behandelt – bringt Kürmann im Stück dazu, sich ein Leben ohne seine Ehefrau zu wünschen. Doch auch dies misslingt dem Probanden.
Enttäuscht von den zahlreichen «misslungenen» Inszenierungen, schrieb Max Frisch 1984 eine Neufassung, die nun in Basel zu sehen ist. Sie ist schlanker als die Urfassung, ohne historische Bezüge und nähert sich damit seinen übrigen Stücken an, die grundsätzliche Fragen zur Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft parabelhaft auf die Bühne bringen. Derart schematisiert, hätte das Stück wohl auch dem Premierenpublikum von 1968 zugesagt.
[Buch]
Max Frisch
«Biografie: Ein Spiel»
Erstausgabe: 1969
Neue Fassung: 1984
Erhältlich bei
Suhrkamp.
[Buch]