Der indische Junge Pi, eine Hyäne, ein Orang-Utan, ein Zebra und ein ausgewachsener bengalischer Tiger namens Richard Parker: Sie alle konnten sich nach einem Schiffsunglück auf ein Boot retten und treiben nun verlassen auf dem Ozean. Drei von ihnen überleben im Machtkampf nicht lange. Pi und der wilde Tiger bleiben als Einzige zurück und müssen sich das kleine Boot teilen. Um zu überleben, versucht Pi, Sohn eines Zoobesitzers, das Raubtier so gut es geht zu bändigen. 227 Tage lang treiben sie übers Meer, überstehen Stürme, Haie, Sinnkrisen und einen Ausflug auf eine mit fleischfressenden Pflanzen begrünte Insel. Ausgezehrt treiben sie schliesslich an Land, wo Richard Parker im Dschungel verschwindet und Pi nach der Genesung seine unglaubliche Geschichte erzählen kann.
Der 49-jährige, in Spanien geborene Autor hat als Diplomatensohn und als Erwachsener zahlreiche Länder bereist. Mit seinem Roman «Schiffbruch mit Tiger» hat er einen Bestseller gelandet, mit dem er unter anderem den britischen Man-Booker-Prize erhielt. Sein Buch ist nicht blosse Abenteuergeschichte eines Schiffbrüchigen, sondern eine philosophische Parabel auf die Macht des Erzählens, den Glauben und die Toleranz unter den Religionen. Sein junger, suchender Protagonist Pi ist praktizierender Hindu, Christ und Muslim; auf dem Meer findet er zu seinem eigenen Glauben – unabhängig von der Religion.
Während die Bekehrungs-Botschaft im Buch subtiler durchscheint, wird diese den Zuschauern im Film «Life of Pi» von Ang Lee ziemlich brachial aufgedrückt. Schwelgen kann das Publikum dafür in eindrücklichen 3D-Naturbildern. Die ausgeklügelte digitale Technik verwandelt den computeranimierten Tiger in ein lebensechtes Raubtier.

[Buch]
Yann Martel
«Schiffbruch mit
Tiger»
384 Seiten
Deutsche Erstaus­gabe: 2003
Heute erhältlich im Fischer Verlag.
[/Buch]