Wieder gelesen - Liebesleben mit Lügen
Die französische Adlige Louise de Vilmorin hat mit der Novelle «Madame de» eine virtuose Liebesparodie geschrieben. Jetzt ist das amouröse Verwirrspiel neu herausgekommen – köstlich.
Inhalt
Kulturtipp 12/2012
Rolf Hürzeler
Sie war kein Kind von Traurigkeit. Die Liste ihrer Liebhaber liest sich wie ein kleines «Who is who» der französischen Geistesgeschichte: Jean Cocteau, Antoine de Saint-Exupéry oder André Malraux. Einmal war sie mit einem steinreichen amerikanischen Immobilienhändler verheiratet, dann mit einem österreichisch-ungarischen Grafen. Auch ein englischer Viscount genoss ihre Gunst.
Louise de Vilmorin (1902– 1969) wusste also, ...
Sie war kein Kind von Traurigkeit. Die Liste ihrer Liebhaber liest sich wie ein kleines «Who is who» der französischen Geistesgeschichte: Jean Cocteau, Antoine de Saint-Exupéry oder André Malraux. Einmal war sie mit einem steinreichen amerikanischen Immobilienhändler verheiratet, dann mit einem österreichisch-ungarischen Grafen. Auch ein englischer Viscount genoss ihre Gunst.
Louise de Vilmorin (1902– 1969) wusste also, wovon sie schrieb, als sie 1951 ihre Novelle «Madame de» veröffentlichte. Die Titelfigur ist mit einem «Monsieur de» verheiratet, der es neben der Ehe gerne lustig hatte. Madame entflammte ihrerseits für einen obskuren «Botschafter»: «Die Wucht dieses Verlangens, ihre Sehnsucht nach Hingabe, die überwältigende Macht der Gefühle, die sie sich endlich eingestand …» Leider rechnete sie nicht mit dem Kalkül ihres Liebhabers, dem die Karriere wichtiger war als die Liebe.
Ein Paar wertvoller Brillant-ohrringe durchzieht den Roman wie ein roter Faden. «Monsieur de» kauft sie einem Juwelier ab und schenkt sie seiner Gattin. Sie verkauft sie im Geheimen dem Juwelier zurück, um Schulden zu tilgen. Über ihren Mann und später den Botschafter gelangen sie erneut zu ihr zurück. Und kommen umständehalber wieder in den Besitz des Juweliers; «Monsieur de» kauft sie ihm zum dritten Mal ab und so weiter, und so fort. Dabei lügen alle Beteiligten, dass sich die Balken biegen, treiben ein hinterlistiges Spiel, das den Leser Seite um Seite amüsiert. Dumm nur, dass sich «Madame de» ihrer Gefühle für den Botschafter nicht entziehen kann und zum Schluss dafür büssen muss.
Der Dörlemann-Verlag hat diese erquickende Lektüre neu herausgegeben. Standesgemäss ist das Buch in schicken blauen Stoff gebunden und mit einem knallroten Bändel versehen, dass es eine sinnliche Freude ist.
[Buch]
Louise de Vilmorin
«Madame de»
127 Seiten
Erstausgabe: 1951 Heute erhältlich
bei Dörlemann.
[/Buch]