Ist er ein Terrorist oder ein Freiheitskämpfer? «Im Gerangel und Radau versetzte ich einem der Geheimen vom Castle im Laufen einen Hieb. Ein schönes Gefühl …» Der Mann ist tot. Der Täter heisst Henry Smart und ist frei von Gewissensbissen, von seiner politischen Mission überzeugt. Die Briten sollen aus Irland abziehen. Und weil sie zu Beginn des letzten Jahrhunderts nicht dazu bereit waren – ist gewaltsamer Widerstand angesagt.
Von politischer Brisanz
Der Roman «Henry der Held» des irischen Schriftstellers Roddy Doyle ist 1999 erschienen. Die «Troubles» in Nordirland waren zu jener Zeit bereits unter Kontrolle. Und doch war das Buch von politischer Brisanz: Doyle brach, wie allerdings andere zuvor, mit dem romantischen Mythos des gerechten Freiheitskampfs der Republikaner gegen die «britische Unterdrückung». Gleichzeitig lässt Erzähler Doyle keine Zweifel, wem seine Sympathie gehört: Den Zukurzgekommenen, den sozial Gescheiterten – der irischen Arbeiterklasse vor hundert Jahren.
Eindringlich schildert er das Milieu des Helden Smart. Prekäre Familienverhältnisse zwingen den Kleinen angeblich bereits im Vorschulalter auf die Strasse. Als Halbwüchsiger nimmt er 1916 am legendären Osteraufstand gegen die Briten teil; er wird ein zynischer Mitkämpfer für die gerechte Sache. Und am Schluss ist er desillusioniert: «Irland ist bloss eine Insel, ein Scheisshaufen.»
Roddy Doyle hat mit «Henry der Held» ein Buch geschrieben, das den Leser die irische Vergangenheit nachvollziehen lässt. Viel soziales Elend – und noch mehr falsches Heldentum.
Roddy Doyle
«Henry der Held» 414 Seiten
Deutsche Erstausgabe: 2000
Heute erhältlich bei Fischer.
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