Dieser Konflikt ist bis heute akut. «Auf ihrem langen, blutigen Weg hatten sie sich in der Tiefe ihrer dunklen, stummen Herzen eine kindliche Philosophie geschaffen …», schreibt Tania Blixen über das Volk der Kikuyu. Die mit ihnen verfeindeten Massai dagegen sind aus der Sicht «ein schmutziges Volk».
Mit diesen Worten zeichnete die dänische Schriftstellerin vor knapp 100 Jahren die Gegensätze zwischen den beiden Volksgruppen in Kenia, welche bis heute zu wiederkehrenden gewalttätigen Auseinandersetzungen führen. Der Manesse Verlag hat nun Blixens Buch «Jenseits von Afrika» (eigentlich: «Afrika – dunkel verlockende Welt») in neuer Übersetzung herausgebracht.
Gegenseitige Missverständnisse
Blixen hat streckenweise rührende Aufzeichnungen über das längst vergangene Leben in Afrika geschrieben, im Mittelpunkt steht stets das Zusammenleben zwischen den Europäern und den Einheimischen, die Geschichten handeln von Liebe oder Feindschaft, von Krankheit und Tod. Dabei kritisiert die Autorin immer wieder die Auswüchse des britischen Kolonialsystems, etwa wenn ein Besiedler einen Ureinwohner ungerecht behandelt.
Das Buch ist durchzogen von Blixens Faszination einer unbekannten Welt, aber auch Unverständnis für die Einheimischen. Die Missverständnisse waren gegenseitig: Die Kenianer hielten sie für eine Ärztin, vermutlich weil sie über Verbandsmaterial und Medikamente verfügte.
Blixens Aufzeichnungen stehen bis heute im Schatten des monumentalen Kinofilms «Out of Africa» von Sydney Pollack mit Meryl Streep in der Hauptrolle im Jahr 1985. Die Produktion hat mit dem Buch jedoch wenig zu tun und widerspiegelt die Biografie Blixens lediglich rudimentär. Der Film erzählt vielmehr ein afrikanisches Märchen aus der Sicht von Hollywood, allerdings perfekt inszeniert mit einer hervorragenden Streep.
Tania Blixens Leben (1885– 1962) war vom Unglück durchzogen. Sie wuchs in einer wohlbehüteten, aber religiös-repressiven, bürgerlichen Familie in Dänemark auf. Eben verheiratet, zog sie 1913 mit ihrem Mann, dem adligen Bror von Blixen-Finecke nach Kenia, um eine Kaffeefarm zu führen. Sie war auf sich selbst gestellt, ihr Mann interessierte sich mehr für andere Frauen als für Kaffeebohnen. Aber auch sie war keine begnadete Geschäftsfrau, Geldsorgen plagten das Paar unentwegt, zumal es in der damaligen britischen Kolonialgesellschaft ein ausschweifendes gesellschaftliches Leben führte.
Leben in zahlreichen Fantasien
Schliesslich verliebte sie sich in den englischen Lebemann Denys Finch Hatton. Auch diese Verbindung brachte ihr kein Glück, das Paar trennte sich. Blixen kehrte in den 1930er-Jahren bankrott zu ihrer ungeliebten Familie nach Dänemark zurück, wo sie sich als Schriftstellerin in ihre Fantasiewelten zurückzog.
Tania Blixen schien in zahlreichen Fantasien gelebt zu haben und wechselte laufend ihre Pseudonyme. Zudem war sie als Dänin in Britisch-Kenia eine doppelte Aussenseiterin, wie die deutsche Schriftstellerin Ulrike Draesner im Nachwort schreibt: «Sie profitierte vom britischen Ostafrikasystem, auch wenn sie es kritisierte.»
Buch
Tania Blixen
Jenseits von Afrika
Deutsche Erstausgabe: 1938
Neu erhältlich im Manesse Verlag
in der Übersetzung von Gisela Perlet