Claire ist auf der Suche nach ihrer Tochter, die sie vor 25 Jahren zur Adoption freigegeben hat. Sie sitzt in einem fast leeren Zugabteil, als eine junge Frau mit einem schwarzen Schirm hereinkommt. «Hoffentlich setzt sie sich nicht zu mir», denkt sie. Doch genau das tut sie. Rose durchkreuzt von nun an all ihre Pläne. 

Die Frau legt den Schirm auf die Gepäckablage und sagt: «Ich darf ihn nicht vergessen.» Doch als sie vor der Haltestelle völlig überstürzt das Abteil verlässt, lässt sie ihn bei Claire liegen: «Genau diesen Schirm hielt ich nun (…), ohne seine Geschichte zu kennen. Es war ein Herrenschirm aus einer anderen Zeit.» Claire fühlt sich verantwortlich und nimmt ihn mit nach Hause. 

Nun folgen zahlreiche Begegnungen, in denen Claire stets versucht, Rose den Schirm zurückzugeben. Die Suche nach ihrer Tochter rückt immer mehr in den Hintergrund. Mit der Zeit wird Claire alles zu viel: «Wie ich diese unmöglichen Dialoge satt habe. Sie taucht auf, redet wirres Zeug, auf das sich kein Mensch einen Reim machen kann, beantwortet keine Fragen, ist beleidigt und bricht ab, wie es ihr passt.» Sie will, dass wieder Ordnung in ihr Leben einkehrt. Der gemeinsame Weg der Frauen endet ähnlich, wie er begonnen hat: völlig abrupt am Bahnhof. 

Hanna Johansen hat mit «Der schwarze Schirm» einen kompakten Roman verfasst, in dem sie die skurrile Beziehung zweier Frauen widerspiegelt, die unterschiedlicher nicht sein könnten.  Anfang Jahr hat die ursprünglich aus Bremen stammende Schweizer Autorin mit ihrem neuen Buch «Der Herbst, in dem ich Klavier spielen lernte» einen der Schweizer Literaturpreise des Bundesamtes für Kultur gewonnen.     

Buch
Hanna Johansen
«Der schwarze Schirm»
Erstausgabe: 2007
Heute erhältlich im Hanser Verlag.

Lesung
Aus: «Der Herbst, in dem ich Klavier spielen lernte»
Mi, 6.5., 15.00 
Villa Grunholzer Uster ZH