Der alternde Willy Loman führt Selbstgespräche. In seinen Monologen wirft er seinem Sohn Biff vor, beruflich erfolglos zu sein. Denn Vater Loman kann es nicht ertragen, dass er selbst ein Versager ist. Diese Erkenntnis würde seiner angekratzten Selbst-achtung den letzten Rest geben. Einzig materieller Erfolg und gesellschaftliche Anerkennung geben Willy Loman Lebenssinn.
In dieser Welt spielt das Drama «Tod eines Handlungsreisenden» von Arthur Miller. Er schrieb das Stück Ende der 1940er-Jahre, als in den USA der Wohlstand zum Mass aller Dinge wurde. Der gesellschaftskritische Miller durchschaute die verbreitete Verlogenheit, die dahintersteckte. Sie quälte ihn während Jahren, wie er später sagte. In wenigen Tagen schrieb er sich das Drama vom Leib – als Akt der Selbstbefreiung.
Neuinszenierung im Konzert Theater Bern
Er verfasste mit dem Drama eine Art Lehrstück über das Scheitern. Es wurde zu einem Klassiker des US-amerikanischen Theaterschaffens der Nachkriegszeit und war seither in zahlreichen Varianten zu sehen – auch im Kino. Das Konzert Theater Bern bringt nun das Drama in der Regie von Gerd Heinz in einer neuen Inszenierung auf die Bühne.
Der «Tod eines Handlungsreisenden» erzählt den letzten Tag im Leben von Willy Loman. Der ältere Herr, müde und zermürbt, hat seine beiden Söhne Biff und Happy zu Besuch, die es nicht viel weiter zu bringen scheinen als der Vater. Mehr noch: Sohn Biff muss zugeben, dass er eben seine Stelle verloren hat; Loman verfällt in eine tiefe Resignation. Er sieht nur einen Ausweg, seine Familie aus der Misere zu führen – Suizid. Sein Selbstmord soll den Angehörigen dank einer Versicherungsprämie Wohlstand bringen. Rückblenden unterbrechen die Handlung laufend, damit die Lebenslügen und Selbsttäuschungen der Vergangenheit die Hoffnungslosigkeit der Gegenwart erklären. So spricht Loman immer wieder mit seinem verstorbenen Bruder oder mit einer Geliebten.
Das Stück endet allerdings nicht ganz so traurig, wie das Publikum im Theater denken könnte. Sohn Biff entwickelt sich nach und nach zu einem Menschen, der zu ehrlicher Selbstreflexion bereit ist. Der tröstliche Schluss ändert indessen nichts daran, dass der Amerikanische Traum eine Chimäre ist.
Arthur Miller (1915–2005) verkörpert die ethische Seite der USA. Er wandte sich früh gegen die herrschenden Vorstellungen von einem American Way of Life, der anderen gesellschaftlichen Formen überlegen sein sollte. So geriet Arthur Miller ins Visier der Kommunistenhatz unter Senator Joseph McCarthy in den 1950er-Jahren, wurde sogar als Staatsfeind strafrechtlich verurteilt, später aber freigesprochen. Seither ist er seinen Überzeugungen treu geblieben und kritisierte im hohen Alter die Politik der beiden Bush-Präsidenten.
Das Drama machte Arthur Miller berühmt
Privat sorgte der Intellektuelle für Aufsehen, als er 1956 die Schauspielerin Marilyn Monroe heiratete. Der Liaison war jedoch kein Glück beschieden, Miller verbrachte seine letzten Jahre mit der österreichischen Fotografin Inge Morath.
«Der Tod eines Handlungsreisenden» machte ihn im Alter von 33 weltberühmt. Das Stück läutete die neorealistische Phase des Nachkriegstheaters in der angelsächsischen Welt ein, zumal sich jede Generation zumindest teilweise darin gespiegelt sehen kann.
Theater
Tod eines Handlungsreisenden
Premiere: Sa, 15.2. 19.30 Stadttheater Bern
www.konzerttheaterbern.ch
Buch
Arthur Miller
Tod eines Handlungsreisenden
Erstausgabe: 1949
Heute erhältlich im Fischer Verlag