Seine Faszination hat eine simple Ursache. «Ich mag Krähen, ich mag, wie sie gehen, fliegen und sich anschreien», schreibt Cord Riechelmann. Diese Sympathie hat der Berliner Biologe, Philosoph und Kolumnist intensiviert und seinen Lieblingsvögeln ein Porträtbuch gewidmet. «Krähen» eröffnete vor einigen Jahren die aparte Serie «Naturkunden» des Berliner Verlags Matthes & Seitz. Herausgeberin Judith Schalansky lässt darin verkannte, unterschätzte oder randständige Tierarten wie Schweine, Heringe oder Esel von Experten vorstellen.
Im erweiterten Alpenraum anzutreffen
Cord Riechelmann also schrieb über Krähen und Raben und erklärte anschaulich, weshalb dieser Unterschied so erstaunlich wie überflüssig ist. Denn Krähen sind Raben, und Raben sind Krähen, und beide Bezeichnungen gehen auf verwandte onomatopoetische Wörter zurück: das althochdeutsche krawa und das altnordische hrafn.
Die Krähen-/Raben-Familie ist weltweit verbreitet in einer Vielzahl von Erscheinungsformen. Vom grossen Kolkraben über die Saatkrähe und die Elster bis zur Bergdohle sind Krähen im erweiterten Alpenraum anzutreffen.
Wie Cord Riechelmann in seinem Buch erzählt auch Filmer Markus Schmidbauer in seiner neuen, bald auf Arte zu sehenden Dokumentation Erstaunliches über die schlauen Vögel, denen der Mensch oft mit Misstrauen und Abneigung begegnet. Ihr Image als Nesträuber und Unglückboten ist haltlos. Zudem sind die Menschen selber schuld, dass Krähen heute oft in Städten leben und die Bewohner mit Kot und Lärm nerven. Bauern, Jäger oder Umwelteinflüsse vertreiben die Vögel in die Städte. Dass Krähen dort problemlos überleben können, liegt an ihrer Anpassungsfähigkeit und Schlauheit.
So erzählt Riechelmann von Beobachtungen und Versuchen, die belegen, dass Krähen Äste oder Drähte als Hilfsmittel nicht nur benutzen, sondern daraus Werkzeuge wie Haken oder Spiesse fabrizieren. Ihr soziales Verhalten und ihre stupende Intelligenz zeigen die Vögel beim Nestbau, bei der Suche nach Nahrung, die sie teilen – und natürlich beim Spielen. So ernsthaft Raben daherstolzieren, so schwarz oder grau sie aussehen, sie sind verspielt wie kleine Hundewelpen, wobei sie sich eigene Spielzeuge suchen und basteln.
Mit prächtigen Aufnahmen und witzigen Episoden
Gestaltet Cord Riechelmann sein Porträtbuch in wunderbar illustrierte Erlebnisgeschichten, liefert Filmer Markus Schmidbauer eine populärwissenschaftliche TV-Dok mit prächtigen Aufnahmen und witzigen Episoden. Etwa vom Bergrestaurant Sonnalpin an der Zugspitze, wo Dutzende von Bergdohlen auf den Dächern hocken und warten, bis ein Gast seine Pommes frites für einen Moment unbeaufsichtigt lässt. Dann stürzen sie hinab und stibitzen sich ein Frites-Stäbchen, wobei sie jene mit Mayo bevorzugen und solche mit Ketchup liegen lassen.
Schmidbauers Dokumentation «Die klugen Schwarzen» ist in einer kleinen Reihe auf Arte zu sehen: Unter dem Titel «Vögel im Zwielicht» folgen Beiträge zu Tauben und Kormoranen.
Buch
Cord Riechelmann
«Krähen»
Erstausgabe: 2013
Heute erhältlich in der Reihe Naturkunden bei Matthes & Seitz.
TV-Dok
Die klugen Schwarzen – Rabenvögel
Regie: Markus Schmidbauer
Mo, 9.10., 18.30 Arte