22. November – in England ist Cäcilien-Tag der Musiktag: Die Tradition will es, dass Komponisten am Tag der Schutzpatronin der Musik Werke zu Ehren der Heiligen uraufführen lassen. In die lange Reihe solcher Kompositionen gehören Werke der Barockmusiker Henry Purcell und Georg Friedrich Händel. Purcell komponierte 1692 seine «Ode On St. Cecilia Day», basierend auf einem Text des irischen Dichters Nicholas Brady. 1732 war Händel mit «Ode for St. Cecilia’s Day» (Text: John Dryden) an der Reihe. Beide Werke gelangen nun in Luzern und Aarau zur Aufführung.
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Gewagte Kombination
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Und ein Drittes kommt hinzu – ein neues Werk vom Komponisten Stephan Hodel: «Chorleiter Pirmin Lang hat mich angefragt, ob wir etwas zusammen machen könnten», erzählt der gebürtige Innerschweizer Stephan Hodel (39), der seit einigen Jahren in London lebt und arbeitet. Lang ist Leiter des Luzerner Händel-Chors und verbindet gern klassische Werke mit moderner Musik. Diesmal sollte es Rap sein.
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Rap an einem Konzertabend auf der Bühne zusammen mit Barock-Musik? Eine Kombination, die gar nicht so abwegig scheint. Stephan Hodel: «Im barocken Rezitativ findet man Elemente des Sprechgesangs wie im heutigen Rap. Wir fanden, das könnte man als Idee weiterverfolgen.» Mit dem bekannten Berner Rapper Greis wurde ein Mitstreiter gefunden.
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Greis’ Herausforderung
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Für Greis war es «eine Riesen-herausforderung», wie der Berner Rapper sagt. Er kann weder Noten lesen noch ein Instrument spielen. Üblich sind für ihn zudem Songlängen von drei- bis dreieinhalb Minuten – «hier muss ich alles im Ohr haben». Seine Ansprüche an den Rap in der gut halbstündigen Komposition sind, dass «alles zusammen ein Ganzes ergibt». Und: «Der Rap muss eine gewisse Leichtigkeit haben, Hip-Hop-Beat und Samples sucht man vergebens.» Greis hat auch den Text für den Chor geschrieben, auf Französisch, Englisch und Hochdeutsch. In einzelnen Rap-Parts, beim Freestyle, wenn er textlich improvisiert, kommt Berner Mundart dazu. Angelehnt sind die Texte an Motive der Originalvorlagen. Sie nehmen laut Greis «Facetten und Aspekte auf, auch solche aus der Cäcilia-Legende». Dominant sein will Greis auf keinen Fall: «Der Rap fügt sich in die Klassik ein.» Das gilt auch mit Blick auf das Klassik-Publikum – «es ist an mir, ihm entgegenzukommen». Er ist selber gespannt, wie sich die «geile Challenge» beim Konzert bewähren wird.
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Klassisches und Rap zusammen – Stephan Hodel stellt den einen Stil nicht über den ande ren: «Ich bin ein musikalisches Chamäleon. Das hat letztlich mit meiner Herkunft zu tun. Denn ich habe immer alles gemacht.» Zwar verfügt Hodel über einen klassischen Ausbildungshintergrund, aber er schätzt anderes ebenso als Komponist oder Arrangeur – Klassik, Volksmusik, Jazz, Blasmusik oder Rock. «Wenn meine Musik eine Aussage hat, dann ist es die, dass für mich alle musikalischen Stile gleichwertig sind. Letztlich ist es ein Aufruf zur Offenheit.»
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Ein neues Werk
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Anschaulich gemacht wird es in der neuen Komposition. Dabei bearbeitet Hodel nicht etwa die beiden Barock-Kompositionen von Purcell und Händel neu. Es ist vielmehr ein eigenes, durchkomponiertes Werk, zu dem er sich inspirieren liess. Inhaltlich sind freilich Berührungspunkte auszumachen. «Die Cäcilia-Legende berichtet von einer Frau, die zum Christentum konvertierte, eine keusche Ehe führte und als Märtyrerin starb – da sind zeitgenössische Parallelen hinzugekommen, denkt man etwa an die religiöse Radikalisierung überall. So wurde die ferne Geschichte ziemlich aktuell.»
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«‹Power of Musick› ist ein Zelebrieren der Kraft und der universellen Schönheit der Musik», sagt Hodel. «Es wird gross werden, mit hymnischen Melodien, etwas süffig auch», kann er im Voraus versprechen. Eine bemerkenswerte Sache – mit 120-köpfigem Chor, Orchester, zwei Vokalsolisten und Greis.
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Musical in Arbeit
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Hodel hat in London weiter zu tun. Im Moment schreibt er die Musik zu einem Musical mit dem Titel «The Happy Hypocrite». Bald macht der Luzerner sich im Auftrag eines Komponisten an die Orchestrierung einer Filmmusik. Und im April ist in Luzern Premiere für «Zum Teufel mit der Brücke». Das Libretto zu diesem Sagen-Projekt mit dem Luzerner Lehrerinnen- und Lehrer-Chor hat Lukas Bachmann, Gitarrist der Rockband Dada Ante Portas, geschrieben. Stephan Hodel bleibt also den unterschiedlichsten, für ihn gleichwertigen Musikstilen treu.
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