«Weiter träumen» Die Kraft der Wünsche
«Weiter träumen», empfiehlt Autor Thomas Jonigk im gleichnamigen Stück, das im Schauspielhaus Zürich zur Uraufführung gelangt.
Inhalt
Kulturtipp 22/2011
Letzte Aktualisierung:
05.03.2013
Babina Cathomen
Ein Mann liegt auf der Intensivstation im Koma. Seine Frau lernt derweil einen anderen Patienten kennen, der all das erfüllt, was ihr der Gatte nicht geben konnte. Berechtigt also die Frage: «Können Sie mir sagen, weshalb die Vorstellung, mein Mann könnte als der zurückkehren, der er 42 Jahre lang gewesen ist, mir so viel Angst macht?» In Thomas Jonigks Komödie mit den feinen Zwischentönen dreht sich alles um unerfüllte Sehnsüchte. In der ir...
Ein Mann liegt auf der Intensivstation im Koma. Seine Frau lernt derweil einen anderen Patienten kennen, der all das erfüllt, was ihr der Gatte nicht geben konnte. Berechtigt also die Frage: «Können Sie mir sagen, weshalb die Vorstellung, mein Mann könnte als der zurückkehren, der er 42 Jahre lang gewesen ist, mir so viel Angst macht?» In Thomas Jonigks Komödie mit den feinen Zwischentönen dreht sich alles um unerfüllte Sehnsüchte. In der irrealen Szenerie einer Intensivstation entstehen Begegnungen und Gespräche, die zwischen Traum und Wirklichkeit oszillieren. Die rund 70-jährige Silvia Bockmann (Silvia Fenz) trifft dort nicht nur auf den charmanten Hans (Fritz Fenne), sondern auch auf die junge und die ältere Geliebte ihres Mannes – Figuren, die sie an ihr früheres Selbst erinnern.
«Wie wird man heutzutage alt, und was bedeutet das insbesondere für eine Frau?», fragt Jonigk in «Weiter träumen» (Regie: Christof Loy). «Die Konstrukte des Alters, Tugenden wie Geduld, Würde oder Weisheit, brechen zusammen, alles wird heute über den Körper definiert», sagt der Autor und Dramaturg in einer Probenpause. «In der öffentlichen Wahrnehmung sind ältere Frauen nicht vorhanden, weil der Hauptmotor der Kontaktaufnahme – die Erotik – wegfällt.»
Seine Protagonistin will herausfinden, welches ihre konkreten Sehnsüchte sind, auch in Bezug auf die Sexualität. Ob sie sich auf Hans einlassen mag, ob Hans überhaupt real ist, das bleibt in der Schwebe. «In meinem Stück geht es auch um den Mut, sich den passendsten Lebensentwurf zu schnappen», so Jonigk. Das Träumen diene dabei als eine Art kreativen Denkens, bei dem nichts zensiert, alles möglich ist: «Dennoch hat die Utopie Potenzial zur Realität.» Und so schweben seine Protagonistinnen «zwischen Aufwachen und weiter träumen» und schöpfen daraus die Kraft für Veränderungen.