Wackelkontakt zur Welt
Im Film «Body» der polnischen Regisseurin Malgorzata Szumowska finden ein zynischer Vater und seine magersüchtige Tochter wieder zueinander.
Inhalt
Kulturtipp 01/2016
Babina Cathomen
Weilen die Toten unter uns? Diesen Eindruck erhält der durch und durch rationale Untersuchungsrichter Janusz, als der soeben noch am Baum hängende Selbstmörder quicklebendig davoneilt. Oder als sich in seiner Wohnung wie von Geisterhand die Türe zum Zimmer seiner verstorbenen Frau öffnet. Der Film der Regisseurin Malgorzata Szumowska hat durchaus skurrile Elemente. Die schmerzhaft intensiven Momente überwiegen aber in ihrem Film, in dem es um den Umgang mit dem V...
Weilen die Toten unter uns? Diesen Eindruck erhält der durch und durch rationale Untersuchungsrichter Janusz, als der soeben noch am Baum hängende Selbstmörder quicklebendig davoneilt. Oder als sich in seiner Wohnung wie von Geisterhand die Türe zum Zimmer seiner verstorbenen Frau öffnet. Der Film der Regisseurin Malgorzata Szumowska hat durchaus skurrile Elemente. Die schmerzhaft intensiven Momente überwiegen aber in ihrem Film, in dem es um den Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen geht.
Der zynische Janusz, dem beruflich beim Inspizieren von Tatorten das Elend der Welt begegnet, ist nach dem Tod seiner Frau zu Stein erstarrt. Er lässt keine Gefühle zu, flüchtet sich in den Wodka-Rausch. Seine essgestörte Tochter Olga betäubt den Schmerz um den Verlust der Mutter, indem sie ihren Körper malträtiert. Die beiden leben in einer Plattenbau-Siedlung in Warschau. Ihre Umgebung ist so grau wie ihre Gedanken: Sie sind in ihren eigenen Schmerz eingekapselt, haben den Kontakt zueinander verloren.
Unsentimental
Als Olga einen erneuten Selbstmord-Versuch unternimmt, reagiert Janusz ungehalten, bringt sie in eine Klinik. Dort treffen sie auf die warmherzige, esoterisch veranlagte Therapeutin Anna. Diese findet zwar einen Zugang zu den magersüchtigen Mädchen in ihrer Therapiegruppe, hat aber selbst den Kontakt zur Welt verloren. Nach dem plötzlichen Kindstod ihres Sohnes lebt sie zurückgezogen. Einziger Gefährte ist ihr riesiger Hund, der mit seiner Körpermasse fast die ganze Küche ausfüllt. Weil sie glaubt, Botschaften von Toten zu empfangen, ist sie auch als Medium aktiv. Janusz steht dieser Methode skeptisch gegenüber, ist in seinem Schmerz aber empfänglicher fürs Übersinnliche. Eine Séance bringt keine Klarheit, führt Vater und Tochter aber in einem befreienden Lachen näher zueinander.
Szumowska erzählt feinfühlig und auf unsentimentale, überraschende Weise, wie der Körper auf seelischen Schmerz reagiert. An der Berlinale hat sie den Silbernen Bären für die beste Regie in «Body» erhalten. Die Hauptdarsteller Maja Ostaszewska, Janusz Gajos und die Laiendarstellerin Justyna Suwala als junge Magersüchtige überzeugen mit ihrem intensiven Spiel.
Body
Regie: Malgorzata Szumowska
Ab Do, 7.1., im Kino