Vom Liebesglück in  der Hölle und auf Erden
Eine alltägliche Liebesgeschichte ungewöhnlich erzählt: Die Basler Autorin Sandra Hughes packt den Leser in ihrem neuen Roman «Zimmer 307» mit einem schmerzhaften Drama, das amüsiert.
Inhalt
Kulturtipp 04/2012
Rolf Hürzeler
Wirtschaftsalltag, wie man ihn kennt: «Männer sassen an langen Tischen und zerlegten die Errungenschaften unserer Zivilisation: Computer. Drucker, Playstations …» Anscheinend erfolgreich: «Unsere gute Leistung sprach sich herum.» Willkommen in der Hölle! So oder ähnlich stellt sich jedenfalls die
Autorin Sandra Hughes das Reich des Hades in ihrem neuen Roman «Zimmer 307» vor.
Die Geschichte spielt auf zwei Eben...
Wirtschaftsalltag, wie man ihn kennt: «Männer sassen an langen Tischen und zerlegten die Errungenschaften unserer Zivilisation: Computer. Drucker, Playstations …» Anscheinend erfolgreich: «Unsere gute Leistung sprach sich herum.» Willkommen in der Hölle! So oder ähnlich stellt sich jedenfalls die
Autorin Sandra Hughes das Reich des Hades in ihrem neuen Roman «Zimmer 307» vor.
Die Geschichte spielt auf zwei Ebenen. Die junge Protagonistin Felicitas heiratet einen Langeweiler der ganz drögen Sorte. Da begegnet sie dem Gigolo Domenico und verliert ihr Herz an ihn. Es kommt, wie es kommen muss: Sie geht fremd, zieht zum charmanten Schönling, der ihr schon bald auf der Nase rumtanzt. Felicitas begeht Selbstmord. Ende und Schluss.
Oder doch nicht? Die Gedemütigte erwacht in der Hölle, eben in dieser modernen Wirtschaftswelt und macht als Managerin schnell Karriere. Das geht so lange gut, bis … Wer wohl erscheint? Domenico natürlich. Es sei nicht verraten, ob die zwei in der Hölle doch noch den siebten Himmel finden.
Die in Allschwil lebende Sandra Hughes hat einen kurzen, aber raffinierten Roman geschrieben. Sie verwebt die beiden Ebenen in knappen Kapiteln. So pendelt der Leser laufend zwischen der Zeit vor und nach dem Selbstmord. Es fällt einem schwer, zu entscheiden, wo das Glück eher zu finden ist: Auf Erden oder in der Hölle.
«Neue Erzählstimme»
Die 46-jährige Hughes legt mit «Zimmer 307» ihren dritten Roman vor. Ihr erstes, vor sechs Jahren erschienenes Werk «Lee Gustavo» handelt von einem Patienten, der in einem Krankenhaus einer englischen Kleinstadt vor sich hindämmert. Gustavo lässt sein Leben an sich vorbeiziehen, eine gescheiterte Existenz, die sich stets aufzurappeln versteht.
Hughes zweiter Roman «Maus im Kopf» handelt von einem arbeitslosen Buchhalter, einem Verlierertyp, der im Treuhandbüro seine Zahlen nicht auf die Reihe bringt – und sich auf einen Amoklauf vorbereitet. Für beide Werke fand Sandra Hughes grosse Anerkennung. «Die Schweiz hat eine neue Erzählstimme», schrieb die WOZ. Und die «Basler Zeitung» urteilte: «Leichtfüssig, schäbig schillernd, fast nicht zum Aushalten spannend erzählt Sandra Hughes.»
«Zimmer 307» wird bei der Kritik ebenfalls Anklang finden. Die Liebesgeschichte ist packend erzählt. Und sie berührt jeden und jede, die schon einmal Schmetterlinge im Bauch flattern spürten – besonders wenn sie nicht sehr bekömmlich waren.
Vier Fragen an Sandra Hughes
kulturtipp: Sie schreiben in knappen Sätzen und kurzen Kapiteln. Warum vermeiden Sie das Ausführliche?
Sandra Hughes: Die Leser sollen sich gedanklich ihre eigenen Bilder formen. Ich will nicht jedes Detail vorgeben.
Ihre weibliche Hauptfigur liebt einen Mann bis zur schieren Selbstaufgabe. Eine Abschreckung?
Ich beobachte immer wieder, dass Frauen darum kämpfen, geliebt zu werden. Sie setzen alles daran, ihren Partner nicht zu verlieren – bis zur Selbstaufgabe eben.
Der Liebhaber ist ein rücksichtsloser Kerl, der die Frauen erbarmungslos ausnützt. Sind Männer tatsächlich so schlecht?
Ich würde ihn als einen verdichteten Macker bezeichnen. Er vereinigt alle negativen Charakterzüge auf sich, die sich vielleicht im Leben auf einige Männer verteilen. Aber er hat auch eine feinfühlige Seite.
Sie beschreiben die Hölle als den normalen Wirtschaftsalltag. Haben Sie so abschreckende Erfahrungen gemacht?
Ich habe nie längere Zeit in der Wirtschaftswelt gearbeitet. Aber ich habe einen kritischen Blick dafür, wie Menschen miteinander umgehen, und entnehme den Medien, wie es laufen kann. Natürlich erlebe ich in meinem Arbeitsalltag bei den Basler Museen nebst allem Guten unangenehme Mechanismen.
[Buch]
Sandra Hughes
Buch: «Zimmer 307»
192 Seiten (Dörlemann 2011).
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