Virtual-Reality-Kino: Die neue Illusion
Statt sich auf eine statische Leinwand zu beschränken, lockt Virtual Reality Cinema mit 360-Grad-Kurzfilmen. Ein Rundum-Erlebnis mit Luft nach oben.
Inhalt
Kulturtipp 26/2018
Jonas Frehner
Nichts deutet im Foyer des Kinos Houdini darauf hin, dass Zürich bald weit weg sein wird. Auf den Drehstühlen im Raum sitzen Besucher, die mit aufgesetzten Virtual-Reality-Brillen (VR) und Kopfhörern scheinbar willkürlich die Position wechseln. Skurril wirkt das erste VR-Kino der Schweiz, das tageweise öffnet.
Die Instruktion zu den ersten Gehversuchen in der virtuellen Realität wird von Jauchzern einiger Sitznachbarn unterbrochen. &laqu...
Nichts deutet im Foyer des Kinos Houdini darauf hin, dass Zürich bald weit weg sein wird. Auf den Drehstühlen im Raum sitzen Besucher, die mit aufgesetzten Virtual-Reality-Brillen (VR) und Kopfhörern scheinbar willkürlich die Position wechseln. Skurril wirkt das erste VR-Kino der Schweiz, das tageweise öffnet.
Die Instruktion zu den ersten Gehversuchen in der virtuellen Realität wird von Jauchzern einiger Sitznachbarn unterbrochen. «Ach, die fliegen gerade», winkt die Betreuerin ab. «Fliegen?», fragt man sich, während man Brille und Kopfhörer aufsetzt. Und dann ist plötzlich alles weit entfernt. Ein Steuerrad materialisiert sich, Stück für Stück entsteht ein computeranimiertes Auto um den Zuschauer herum. Man staunt und reckt sich, um das Interieur zu erkunden. Kurz nur, dann wird klar, dass man der Werbung eines Autoherstellers aufgesessen ist, die noch nicht Teil des Programms war.
Erwartungen werden nur teilweise erfüllt
Ungewohnt und verblüffend ist die Erfahrung, bei der Inhalte vom Computer aufs Smartphone in der VR-Brille übertragen werden. Sensoren messen die Kopfbewegungen und lassen die Illusion entstehen, man befinde sich mitten in der Szene. Raum- und Zeitgefühl verlieren und in fremde Welten eintauchen – die Versprechen sind gross. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen. Sie werden nur teilweise erfüllt: Die Vorstellung «Dark Humor by Dark Corner» lässt mit zwei Kurzfilmen erahnen, wie der Zuschauer selbst zum Teil des Geschehens werden könnte. So richtig packen wollen sie aber nicht. Zu grobpixelig das Bild, zu plump das Gebotene, zu schwach die Sogwirkung.
Beim Flug mit der Air Zermatt verliert man schon eher die Bodenhaftung. Und im Film «Longing for Wilderness» sorgt eine computeranimierte Naturlandschaft für offene Münder. Generell überzeugen die Dok- und Animationsfilme mehr als die Fiction-Kurzfilme. Das klassische Kino mit spannenden Plots, emotionsgeladenen Geschichten und brillantem Bild wird das VR-Kino vorerst wohl kaum ersetzen.
Virtual Reality Cinema
Sa, 15.12., 17.00–22.00
So, 16.12., 17.00–20.00
Beginn jeweils zur vollen Stunde
Houdini Zürich
www.wearecinema.ch
www.kinohoudini.ch