Verdi und Wagner: Die Rivalen meiden sich
Der Kulturhistoriker Eberhard Straub betreibt eine atmosphärische Annäherung der Biografien von Giuseppe Verdi und Richard Wagner. Auf die unterschiedlichen Musikkonzepte geht er nicht ein.
Inhalt
Kulturtipp 23/2012
Fritz Trümpi
Beide sind 1813 geboren und prägten die Operngeschichte des 19. Jahrhunderts. Doch getroffen haben sich Giuseppe Verdi und Richard Wagner nie. Das ist erstaunlich, denn beide machten sich zeitig daran, Europas Opernbühnen mit ihren Werken zu überziehen. Die Gelegenheit, sich persönlich kennenzulernen, hätten sie viele Male gehabt. Vermutlich seien sich die beiden bewusst aus dem Weg gegangen. Zu diesem Schluss gelangt Autor Eberhad Straub in seiner Doppelbiografie &uu...
Beide sind 1813 geboren und prägten die Operngeschichte des 19. Jahrhunderts. Doch getroffen haben sich Giuseppe Verdi und Richard Wagner nie. Das ist erstaunlich, denn beide machten sich zeitig daran, Europas Opernbühnen mit ihren Werken zu überziehen. Die Gelegenheit, sich persönlich kennenzulernen, hätten sie viele Male gehabt. Vermutlich seien sich die beiden bewusst aus dem Weg gegangen. Zu diesem Schluss gelangt Autor Eberhad Straub in seiner Doppelbiografie über die zwei Opernrevolutionäre.
Verdi hatte zunächst ohnehin keinen Grund, sich mit Wagner zu beschäftigen, war er doch lange der erfolgreichere der beiden. Umgekehrt sei Wagner «bis
in seine letzten Jahre auf Verdi eifersüchtig» gewesen, «zumindest sobald es um Geld ging». Denn Verdi wurde früh zum Grossverdiener, während Wagner lange Zeit mit finanzieller Armut kämpfte. Erst durch die skandalträchtigen Pariser Aufführungen des «Tannhäuser» im Jahr 1861 vermochte Wagner finanziell allmählich zu reüssieren. «Der deutsche Sonderling» sei zur Sensation und fortan zum gefragten Komponisten geworden, so Eberhard Straub. Dies bekam auch Verdi zu spüren. Er musste sich den Vorwurf gefallen lassen, Wagners Einfluss erlegen zu sein. Verdi sei kein Italiener mehr, er komponiere Wagner, zitiert Straub etwa Georges Bizet, mit Blick auf den «Don Carlos». Doch Verdi selbst wollte von einer Unterteilung in deutsche und italienische Mu-sik nichts wissen: «Was zum Kuckuck sollen nur diese Vorurteile über Melodie, Harmonie, deutsche und italienische Art und über den Wagnerismus bedeuten?»
Gegenüber weltanschaulicher Versuchungen war Verdi scheinbar immun. Sehr im Unterschied zu Wagner, der sich nicht nur als Komponist, sondern auch als kulturpolitischer Publizist mit einer starken antisemitischen Schlagseite betätigte.
[Buch]
Eberhard Straub
«Wagner und Verdi. Zwei Europäer im
19. Jahrhundert»
350 Seiten
(Klett-Cotta 2012).
[/Buch]