kulturtipp: Wir reden Mundart miteinander. Das Interview wird aber in Hochdeutsch zu lesen sein. Geht da vieles verloren?
Markus Gasser: Ich denke nicht. In der Schweiz sind wir uns gewohnt, Mundart zu reden und in der Hochsprache zu lesen. Ich gebe mir aber Mühe, keine speziellen Dialektwörter zu verwenden, um Übersetzungsprobleme zu vermeiden.
Sie sind Solothurner aus dem Schwarzbubenland. Pflegen Sie Ihren Dialekt?
Nein. Ich lebe schon so lange in Basel, dass ich einen Mischdialekt habe. Aber mir ist bewusst, wo ich vom Schwarzbubendialekt abweiche.
Geht die Vielfalt unserer Dialekte verloren?
Schon Plato beklagte sich vor 2000 Jahren über den Wertezerfall. Damals wie heute wandeln sich die Werte und damit auch die Sprache. Der Dialekt-Wortschatz ändert sich, der Klang aber bleibt. Bis heute hört man, ob jemand aus Basel, Luzern oder Zürich kommt.
Die Dialekte sind also lebendig?
Es geht ihnen prächtig, solange sie als selbstverständliche Alltagssprache gebraucht werden.
Hat ein Massenmedium wie SRF diesbezüglich eine besondere Verantwortung?
Im Sinne des Service public, indem wir die regionale und soziale Vielfalt thematisieren. Sprachpflege dagegen ist nicht unsere Aufgabe.
Sie haben also kein Problem damit, wenn bei Radio SRF 2 Kultur Hochdeutsch gesprochen wird?
Als Kultursender hat SRF 2 ein Publikum im gesamten deutschen Sprachraum. Die Verwendung der Hochsprache wird aber durchlässig; ich selbst mache immer wieder Beiträge mit Mundartaufnahmen für SRF 2 Kultur.
Seit diesem Monat räumt SRF 1 der Mundart mehr Raum ein. Wo genau?
In der «Schnabelweid» legen wir den Fokus neu auf ein Hauptthema: einen Mundartautor, ein neues Wörterbuch. Im zweiten Teil der Sendung beantworten wir Hörerfragen zu Dialektwörtern und neu – mit Fachleuten des Idiotikons – zu Familiennamen. Zum Schluss gibt es Kurztipps. Neu bringen wir jeden Morgen die Rubrik «Mundart» mit Worterklärungen und aktuellen Hinweisen.
Gibt es denn ein Publikumsinteresse dafür?
Wir haben sehr gute Hörerzahlen, viele Anfragen und Rückmeldungen. Auch Reklamationen, wenn Moderierende «falsche» Dialektwörter verwenden.
Sie haben als Dialektologe an der Uni Basel geforscht. Weshalb Ihr Wechsel vor drei Jahren zu SRF?
Ich wurde angefragt von meinem Vorgänger Christian Schmid und bereue meinen Wechsel keine Sekunde. Hier kann ich all meine Interessen und Leidenschaften von Wissenschaft über Theater bis Sprachspielereien bündeln.
Thema Mundart auf Radio SRF 1
Do, 21.03 «Schnabelweid»
Mo–Fr, 09.40 «Mundart»