Wie viele es genau seien, wisse er nicht. Thomas Aeschbacher greift nach einem seiner vielen Langnauer-Örgeli: «Das ist über 100 Jahre alt.» Der 54-jährige Berner ist eine imposante Erscheinung mit geschmeidiger Stimme. Und wenn er sein Langnauerli zu spielen beginnt, glänzen seine Augen. Ende August wird sein Publikum grösser sein als in seinem Langenthaler Musikzimmer. In der Tonhalle Maag in Zürich wird er mit 12-köpfigem Orchester seine Ländlersinfonie «Jahreszyte im Ämmitau» uraufführen.
Treiben lassen von Ideen und Emotionen
«Ich schreibe sonst für Trio», meint Thomas Aeschbacher bescheiden. Die Bezeichnung «Ländlersinfonie» stamme von den Organisatoren der «Stubete am See», die ihn zu Komposition und Konzert eingeladen haben. «Eine gewagte Bezeichnung, die ich weder dementieren noch erklären möchte», lacht er.
So ganz daneben wird sie nicht sein, weil Aeschbacher dann doch ins Erklären kommt. «Ich habe keinerlei Berührungsängste mit musikalischen Stilen», betont er und erzählt von einer Kindheit, in der musiziert und gesungen wurde. Er habe Klavier gespielt und Gitarre, Klassik, Jazz und – ja – auch Volksmusik.
Als Zweitklässler habe er ein Schwyzerörgeli zur Hand genommen. Es habe gefunkt, und daraus sei eine Leidenschaft gewachsen. Zuerst aber wurde aus dem gebürtigen Emmentaler ein Primar- und später Sportlehrer, bis er merkte: Die Musik solls sein! Während des Musik-Studiums gründete Aeschbacher sein Trio Pflanzplätz, das weit differenzierter klingt, als sein Name meinen lässt. «Beim Musizieren und Komponieren lasse ich mich treiben von Ideen und Emotionen wie etwa der Geburt meiner Enkelin Anna, die mich zu einem ‹Jahreszyte›-Stück inspiriert hat.» Erst dann melden sich Kopf und Erfahrungsschatz.
Und dieser ist enorm. Er höre alles, was ihn interessiere: Ländlerkapellen wie Akkordeonmusik aus Frankreich oder argentinische Bandoneon-Spieler. Mit Exponenten wie der Finnin Maria Kalaniemi ist er im Austausch. «Dieser ist wichtig, ich pflege ihn auch mit meinen Schülern.» Thomas Aeschbacher ist Musiklehrer in Burgdorf und gibt Kurse an der Musikhochschule Bern. «Dank den Jungen bleibe ich am Puls», lacht er und erwähnt seine Auftritte mit der Berner Blaskapelle Traktorkestar.
«Musikalische Grenzgänger gibt es überall», weiss Aeschbacher. «Mit meinem Örgeli spiele ich eine Weltsprache.» Diese wird auch dem Zürcher Publikum verständlich sein, ist er überzeugt und freut sich, dass die «Stubete am See» zeitgenössische Volksmusik in die Tonhalle bringt. Freunde der traditionellen Musik erwartet er dort nicht. «Für die spielen wir dann wieder auf dem Land», meint er mit einem Augenzwinkern.
Ländlerorchester: Jahreszyte im Ämmitau
Sa, 29.8., 12.00 und 21.00
So, 30.8., 19.00 Tonhalle Maag Zürich
www.stubeteamsee.ch
www.thomasaeschbacher.ch
Thomas Aeschbachers Kulturtipps
TV
Sternstunden Musik
Dieter Ammann: Gran Toccata
«Ich habe den Aargauer Komponisten kürzlich besucht und war fasziniert von seiner Arbeitsweise. Diese Dok gibt Einblick in die Entstehung von Ammanns erstem Klavierkonzert.»
(Abrufbar: www.srf.ch/play)
CD
Cyrill Schläpfer: s’SonnenbergGlüüt (TrueTone 2006)
«Stellvertretend für das Werk des Musikers und Produzenten Cyrill Schläpfer, das mit einem Schweizer Musikpreis geehrt wurde, empfehle ich die CD mit Kuhglockengeläut.»
Radio
Fiirabigmusig
«Die Art, wie der Zuger Klarinettist Dani Häusler über Volksmusik berichtet, finde ich beachtenswert und wichtig.»
Jew. Di, 18.03 SRF Musikwelle