«They Shall Not Grow Old»: Das Inferno in Farbe
Ungewohntes von «Lord Of The Rings»-Regisseur Peter Jackson: Sein Dokumentarfilm «They Shall Not Grow Old» zeigt Bilder aus dem Ersten Weltkrieg auf neue Art.
Inhalt
Kulturtipp 14/2019
Letzte Aktualisierung:
24.06.2019
Urs Hangartner
«Für einige von uns war es das einzige Leben, das wir kannten.» Das sagt ein Zeitzeuge. Er ist einer von rund 100, die zu Wort kommen und das grauenhafte Geschehen im Off kommentieren. Es sind die Stimmen von Veteranen aus dem Archiv des britischen Imperial War Museum.
Mehr als 100 Stunden Archivfilm hat Peter Jackson gesichtet und zu einem neuen Film montiert. Die Bilder ruckeln nicht mehr, wie man sie von 100 Jahre altem Material erwartet: Mit 24 Bi...
«Für einige von uns war es das einzige Leben, das wir kannten.» Das sagt ein Zeitzeuge. Er ist einer von rund 100, die zu Wort kommen und das grauenhafte Geschehen im Off kommentieren. Es sind die Stimmen von Veteranen aus dem Archiv des britischen Imperial War Museum.
Mehr als 100 Stunden Archivfilm hat Peter Jackson gesichtet und zu einem neuen Film montiert. Die Bilder ruckeln nicht mehr, wie man sie von 100 Jahre altem Material erwartet: Mit 24 Bildern pro Sekunde läuft «They Shall Not Grow Old» in fliessenden Bewegungen. Am Anfang ist der Film noch schwarz-weiss und im Stummfilm-Format. Nach einer halben Stunde weitet sich das Format und die Bilder werden farbig. Das verblüffende Resultat einer jahrelangen Arbeit. Jackson hat das alte Material eingefärbt, restauriert und nachvertont, indem er Geräusche und Stimmen in die Szenen mischte.
Vom Anfang bis zum bitteren Ende
Noch sind viele der Männer voller Euphorie und Enthusiasmus, andere äussern sich eher schicksalsergeben. Vor dem eigentlichen Krieg geht es um Aushebung, Training, um Ausrüstung und Verpflegung. Bis zur Überfahrt von Dover nach Calais. Dann herrscht Krieg in Farbe. Die tödlichen Senfgaswolken erscheinen gelb, die Schützengräben in Erdfarben. Bilder zeigen den Krieg und die Folgen, erblindete und beinamputierte Menschen, aber auch unbeschwerte Freizeit-Szenen mit Sport und Musik.
Das Grauen der Schützengräben an der französischen Westfront wird durch Jacksons Bilder nicht etwa gemindert. Im Gegenteil: Das Inferno wird unmittelbarer, realistischer in diesem Antikriegsfilm. «Der Krieg fand in Farbe statt. Im Film geht es darum, ihn so darzustellen, wie die Soldaten es erlebten», wie Jackson sagt. Viele überlebten nicht: Allein auf britischer Seite starben zwischen 1914 und 1918 eine Million Soldaten, heisst es im Abspann. Einer sagt: «Die Geschichte wird entscheiden, dass es das nicht wert war.»
They Shall Not Grow Old
Regie: Peter Jackson
Ab Do, 27.6., im Kino