Sie denke gerne von den Rändern her, sagt Theresa Beyer und setzt sich in die hinterste Ecke des Vegi-Restaurants im Erdgeschoss des Meret-Oppenheim-Hochhauses in Basel. «Unsere inoffizielle Kantine», lacht sie, die einige Etagen höher die Musikredaktion von SRF 2 Kultur leitet. Im Sommer hat sie diese Rolle vom langjährigen Musikchef Peter Bürli übernommen und verantwortet nun die Bereiche Musikjournalismus und -produktionen mit elf Sendeformaten und 14 Mitarbeitenden. Bisher war sie selbst als Journalistin aktiv. «Ich erlebe die Musikredaktion nun aus anderer Pespektive», erklärt sie. «Mit der publizistischen Verantwortung kann ich auf anderer Ebene mitgestalten, verstehe mich aber nach wie vor als Teamplayerin.»
Rand-Musik hat bei ihr einen grossen Stellenwert
Seit 2013 arbeitet die gebürtige Leipzigerin in der SRF-2-Musikredaktion und hat Sendungen zur gesellschaftlichen Funktion von Musik gemacht. Etwa zur Musik der Frauenbewegung in der Schweiz. Solche Fragestellungen beschäftigen sie seit ihrem Studium der Musikethnologie in Bern. Selbst aus einer Musikerfamilie stammend, hat sie sich im Leipzig der Nach-Wende-Zeit aber emanzipieren müssen und zuerst Italienisch studiert. Bei einem Aufenthalt in Florenz lernte sie die Renaissance-Musik lieben. «Auch dies eine Rand-Musik», lacht sie und stellt klar: «Mich interessieren verschiedenste Arten von Musik.» Ein Forschungsprojekt führte sie zur Neuen Schweizer Volksmusik, für die Musikplattform Norient realisierte sie Ausstellungen und Online-Projekte zum experimentellen Underground urbaner Szenen in aller Welt. Zudem dozierte sie an der Hochschule der Künste Bern und an der Popakademie Mannheim.
Theresa Beyer geht es darum, den soziologischen und politischen Gehalt von Musik zu vermitteln. «Wir alle können viel über die Welt erfahren, wenn wir Musik hören.» Kann Musik die Welt denn auch verändern? «Indirekt schon», sagt sie, «indem Musik bei Menschen Sensibilitäten schaffen kann, die diesen dann allenfalls helfen, die Welt zu verändern.»
Mit ihrem Rollenwechsel hat sie ihr Tätigkeitsspektrum fokussiert und arbeitet zu 80 Prozent für SRF 2 Kultur. Aktives Networking ist ihr nach wie vor wichtig. «Gerade für meine neue Rolle will ich mit den Hochschulen und den Musikschaffenden in Verbindung bleiben.» Auch sucht sie die Verbindung zum Publikum, vor allem in Zeiten der digitalen Transformation, die sie durchaus als Herausforderung sieht. Aber: «Ich bin sehr froh, mit einem so leidenschaftlichen und kreativen Team, wie es die Musikredaktion ist, in diesen Prozess zu gehen.»
Vor zwei Jahren ist Theresa Beyer nach Basel gezogen. Nach zwölf Jahren in Bern freue sie sich nun darauf, ihren Arbeitsort auch als Lebensort zu entdecken. Irgendwie passend für eine Frau, die gerne von den Rändern her denkt.
Radio
www.srf.ch/kultur/musik
Theresa Beyers Kulturtipps
Buch
Chimamanda Ngozi Adichie: Americanah (Fischer 2015)
«Die Bloggerin Ifemelu kehrt nach 15 Jahren in den USA wieder nach Nigeria zurück. Ein subtiler, rassismuskritischer und weltenöffnen-der Roman.»
TV
Sternstunde Musik: Zukunftsmusik
«Alexis Amitirigala geht in seinem Dok dem Umbruch im Schweizer Musikschaffen während der Coronakrise nach.»
So, 19.12., 12.00 SRF 1
Radio
Passage: Stimmen gegen das Trauma – «Female Voice Of Afghanistan»
«Eine bewegende Sendung von Stefan Franzen über afghanische Sängerinnen zwischen Flucht und Exil.» Nachzuhören auf Play SRF