Theater: Mit dem Regenbogen verbunden
Im Stück «Gebrochenes Licht» für das Theater Neumarkt schlägt die syrische Autorin Lubna Abou Kheir eine Brücke zwischen Damaskus und Zürich.
Inhalt
Kulturtipp 23/2019
Babina Cathomen
Seit drei Jahren und drei Monaten lebt die syrische Autorin, Schauspielerin und Regisseurin Lubna Abou Kheir in Zürich – und hat bereits ihr erstes Stück auf Deutsch verfasst. «Ich denke auf Arabisch und schreibe es auf Deutsch nieder», erklärt die 27-Jährige bei einem Treffen. «Die Grammatik oder der Satzbau sind auf Deutsch zwar schwierig, aber die Wörter sind einfach und direkt.» Als Beispiel bringt sie den Begriff «Reg...
Seit drei Jahren und drei Monaten lebt die syrische Autorin, Schauspielerin und Regisseurin Lubna Abou Kheir in Zürich – und hat bereits ihr erstes Stück auf Deutsch verfasst. «Ich denke auf Arabisch und schreibe es auf Deutsch nieder», erklärt die 27-Jährige bei einem Treffen. «Die Grammatik oder der Satzbau sind auf Deutsch zwar schwierig, aber die Wörter sind einfach und direkt.» Als Beispiel bringt sie den Begriff «Regenbogen», der in ihrem Stück die Figuren verbindet. «Auf Deutsch ist das Wort auf den Punkt gebracht: Ein Bogen erscheint nach dem Regen.» Auf Arabisch heisst der Regenbogen «Qaus quzah» und bezeichnet auch die verschiedenen Farben des Auges, das brechende Licht.
Aus solchen spannenden Gegensätzen ist das Stück «Gebrochenes Licht» entstanden, das arabische Sprachbilder mit dem Deutschen verbindet. Neumarkt- Co-Leiterin Julia Reichert war fasziniert von dieser «poetischen Kraft, die entsteht, wenn man eine Sprache nimmt und anfängt zu erzählen, ohne dass man sich vom Regelwerk einschüchtern lässt». Im Mittelpunkt stehen fünf Figuren zwischen Damaskus und Zürich: die junge Maya, die aus Syrien nach Zürich geflüchtet ist. Ihre Mutter, die in Istanbul wartet, gefangen in einem Zwischenraum, einer «Vakuumzeit», in der es weder ein Vor noch ein Zurück gibt. Der fünfjährige Alex aus Zürich, in dessen Seele eine Erinnerung eines getöteten syrischen Soldaten sitzt. Und ein Fahrer, der auf vier Rädern Grenzen überwindet. Ihre Geschichten sind auf lose Weise miteinander verknüpft. «Der Text hat auch mit der Situation in Syrien und der europäischen Abschottungspolitik zu tun», führt Reichert aus. «Aber er geht die Thematik nicht thesenhaft an, es sind keine Abziehbilder aus der Zeitung.» «Es sind archaische Figuren, die in gegenwärtigen Situationen verhaftet sind», ergänzt Regisseurin und Autorin Ivna Zic, die sich dem Text in ihrer Inszenierung mit viel Einfühlungsvermögen annimmt. Lubna Abou Kheir will eine universelle Geschichte erzählen, ihre eigenen Erfahrungen fliessen aber mit ein. Kürzlich hat sie mit ihrer Mutter telefoniert, die Damaskus nicht verlassen möchte. Solchen Ängsten und Unsicherheiten wirkt die junge Autorin mit Poesie entgegen.
Gebrochenes Licht – ein Bogen von Damaskus nach Zürich
Premiere: Fr, 1.11. 20.00 Theater
Neumarkt Zürich