«Das Ei ist hart.» «Ich koche es jeden Morgen viereinhalb Minuten.» «Wieso ist es dann mal zu hart und mal zu weich?» «Ich weiss es nicht, ich bin kein Huhn.» Die absurden Sketch-Dialoge des Humoristen Loriot gehören zu den bekanntesten und beliebtesten im deutschsprachigen Raum. Das war aber nicht immer so.
Loriot hiess mit bürgerlichem Namen Bernhard-Viktor «Vicco» Christoph-Carl von Bülow und wurde 1923 in Brandenburg geboren. Nach seiner Zeit als Soldat im Zweiten Weltkrieg, für die Loriot sich sein Leben lang schämte, studierte er Malerei und Grafik. In seiner ersten regelmässigen Cartoonserie «Auf den Hund gekommen» vertauschte er im «Stern» Hunde- und Menschenrollen, was zu Leserprotesten und zu seiner Kündigung führte.
In der Folge wollte kein deutscher Verlag «Auf den Hund gekommen» als Buch herausgeben. Der Schweizer Daniel Keel war mit dem Diogenes-Verlag weniger ängstlich. Auf die Publizierung des Erstlings folgte eine lebenslange Zusammenarbeit. Später verfilmte Loriot seine Sketche als Comics und Real-Spielfilme, in denen er selbst oft den männlichen Part neben Evelyn Hamann verkörperte.
Spiel mit Loriots abseitigen Bildwelten
Diese Kurzfilme dominieren die kollektive visuelle Erinnerung an Loriot. Regisseur Tom Kühnel bringt nun einen Loriot-Abend auf die Bühne des Luzerner Theaters. «Ich finde es reizvoll, hier als Deutscher Loriot zu inszenieren», sagt er beim Treffen auf der Probebühne in Luzern. «Es ist typisch preussischer Humor, der hier bekannt, aber nicht so historisch beladen ist wie in Deutschland.» Er wolle mit Loriot auch ein grenzübergreifendes Gesprächsangebot machen, im Fremden das Verbindende suchen. Kühnel sagt: «Dass jeder Loriot kennt, ist Fluch und Segen. Ich will auf keinen Fall eine Loriot-Coverband machen. Da ist das Original immer besser.»
Stattdessen setzt Tom Kühnel voll auf Loriots Texte und will ihn als Autor wirklich ernst nehmen. Das bedeute für ihn auch, die Texte nicht ins Hier und Jetzt zu holen. Das, was an Loriots Sketchen vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäss erscheine, speise sich ohnehin eher aus dem Bild als aus dem Text. «Aber wenn die Frau bei der Diskussion statt in der Küche im Wohnzimmer sitzt, bekommt derselbe Text eine andere Konnotation. Der Kampf wird dann ebenbürtig ausgetragen.»
Auf der Bühne will Kühnel auch mit Loriots abseitigen Bildwelten spielen. «Wenn alle Frauen wie Sissi und alle Männer wie Ludwig aussehen und über eine Opernsprengung sprechen, entsteht eine neue Spannung.»
«Wenn keiner lacht, bin ich gescheitert»
Loriots Texte genauer anzuschauen, sei auch deshalb interessant, weil sie den Finger präzise auf zeitlose menschliche Unsicherheiten legten. «Loriot bezog sich auf die Deutschen in der Nachkriegszeit. Damals wurden sie von der ganzen Welt gehasst und mussten wieder lernen, sich zivilisiert zu verhalten», sagt Kühnel. Fragen nach dem richtigen Benehmen sind immer noch aktuell. «Wir wollen alles richtig machen und scheitern daran. Deshalb funktioniert Loriots Humor immer noch!»
Die Inszenierung mache Spass, fordere das Team aber auch. «Wir proben die Szenen so oft, dass wir sie selbst nicht mehr lustig finden. Dann braucht es viel Vertrauen und Durchhaltevermögen bis zur Premiere.» Für Tom Kühnel sind Komödien aber generell mit Druck verbunden. «Weil der Erfolg beim Humor messbar ist. Wenn ich Loriot mache und keiner lacht, bin ich gescheitert. Bei einer Tragödie ist ein Lacher schön, aber nicht essenziell.»
Vom Ehealltag bis zur Hochkultur
Als Herausforderung könnte man bei Loriot auch die Auswahl betrachten. Er hat so viele Texte geschrieben. Welche auswählen? Wie kombinieren und verbinden? Das ist für Tom Kühnel aber eher ein Geschenk. An der Wand der Probebühne kleben viele bunte Zettel mit Szenennamen und Themenkomplexen, von Ehealltag bis Hochkultur. «Wir wählen nach Lust aus und schauen einfach, was passt.» Die Szenen kommen in einer Art Collagen-Revue mit Klavier und elektronischer Musik zusammen.
Obwohl der Abend den Titel «Früher war mehr Lametta» trägt, hat es die Weihnachtsszene nicht in die Auswahl geschafft. Regisseur Kühnel sagt: «Wir hatten viele Titelideen, ‹Jodeldideldödeldö› war auch einer. Wir wussten zu jenem Zeitpunkt noch nicht, welche Szenen im Stück vorkommen, und wollten einfach ein typisches Loriot-Zitat.»
Früher war mehr Lametta
Premiere: Sa, 25.1., 19.30
Luzerner Theater