Theater: Ein Werk auf Odyssee
Regisseur Sebastian Klink wagt sich für das Konzert Theater Bern an James Joyces verschlüsselten Jahrhundertroman «Ulysses».
Inhalt
Kulturtipp 20/2020
Babina Cathomen
Eine 24-stündige Odyssee durch Dublin, dargeboten in einer Vielzahl von literarischen Stilmitteln: James Joyces fast 1000-seitiger «Ulysses» von 1922 gilt als kaleidoskop-ähnliches Mammutwerk, in dem sich die Leser oft jämmerlich verirren. Warum soll ausgerechnet dieser Stoff auf die Bühne? «Der Roman enthält ein ganzes Universum an irischer Geschichte, Joyce erzählt von Musik, Literatur, Politik, Nationalismus, Antisemi...
Eine 24-stündige Odyssee durch Dublin, dargeboten in einer Vielzahl von literarischen Stilmitteln: James Joyces fast 1000-seitiger «Ulysses» von 1922 gilt als kaleidoskop-ähnliches Mammutwerk, in dem sich die Leser oft jämmerlich verirren. Warum soll ausgerechnet dieser Stoff auf die Bühne? «Der Roman enthält ein ganzes Universum an irischer Geschichte, Joyce erzählt von Musik, Literatur, Politik, Nationalismus, Antisemitismus – zeitlose Themen», meint Regisseur Sebastian Klink.
Besonders interessiert hat ihn die unkonventionelle Struktur. «Jedes Kapitel hat einen eigenen sprachlichen Zugang, und so versuchen wir, für jede Szene auch einen eigenen ästhetischen Zugang und eine eigene Spielweise zu finden.» Nicht zu kurz soll auch der schwarze Humor kommen. Getreu Joyces Zitat: «Wenn nur mal jemand sagen würde, dass das Buch so verdammt lustig ist.»
Ein opulentes Theatererlebnis
Das Bühnenbild von Gregor Sturm wird in Anlehnung an Odysseus’ Irrfahrt mit zwei grossen Segeln ausgestattet, mit einem Transitraum und einer Raumkapsel für die halluzinogenen Szenen. Live-Kameras werden das Bühnengeschehen einfangen und den filmischen Aspekt des Romans unterstreichen. «Viele der Beschreibungen sind tatsächlich so, als ob James Joyce mit der Kamera durch Dublin gelaufen wäre», sagt Klink. Ursprünglich sei dafür eine Reise mit dem Schauspielteam in die irische Hauptstadt geplant gewesen. Wegen Corona wurde sie allerdings abgesagt. Nun arbeiten sie mit vorproduzierten und historischen Filmaufnahmen.
Nach der ersten Bühnenfassung, die Klink mit Helen Suhr erarbeitet hat, lotet der deutsche Regisseur zurzeit zusammen mit seinem elfköpfigen Schauspielteam in den Proben aus, wo noch Kürzungen nötig sind. Schon seine Inszenierung von Musils «Mann ohne Eigenschaften» wurde mit vier Stunden opulent. Ein bildgewaltiges und üppiges Theatererlebnis wird es auch diesmal. «Ich will die Möglichkeit haben, die Vielschichtigkeit der einzelnen Szenen zu zeigen», meint Klink und setzt den Abend wiederum auf rund vier Stunden an. Ein Wagnis in Corona-Zeiten – aber eines, das zu einem solchen Mammutwerk passt.
Ulysses
Premiere: So, 20.9., 16.00 Vidmar 1 Bern