Hip-Hop, Punk und IndieBands machen es vor: Hier wird für Musikveröffentlichungen vermehrt die Kombination von Download und Kassette gewählt. Und so feiert das tot geglaubte Medium seit einigen Jahren eine Wiedergeburt. Klein, aber fein, auch was die vielfach bescheidenen Auflagen angeht. Kassetten sind nicht selten verpackt als liebevoll und individuell gestaltete Kunst-Unikate. Die Kassette ist wieder da: 60 Jahre und kein bisschen leiser, als Bestandteil einer popkulturellen Nische zwar, aber immerhin.
Alles begann mit dem Philips EL 3300
Auch die Grossen nutzen jedoch seit einigen Jahren den Trend zum altehrwürdigen Medium. Das neue, im Juni erschienene Album «Council Skies» des ehemaligen Oasis-Masterminds Noel Gallagher und seiner Band High Flying Birds zum Beispiel wird in allen möglichen Formaten angeboten: als CD und VinylLangspielplatte in diversen Editionen, als digitaler Download – und als Kassette.
Wobei: Die Kassetten waren im Nu ausverkauft und sind bereits nicht mehr lieferbar. Alles begann im August 1963, als der niederländische Hersteller Philips an der Funkausstellung in Berlin sein Philips EL 3300 vorstellte, Abspiel- und Aufnahmegerät in einem. Kostenpunkt: 299 Deutsche Mark. Die Geburt der Kompaktkassette ging damit einher:
Alle, die wollten, konnten fortan nicht nur Musik kaufen, sondern auch kostengünstig selber Musik aufnehmen, Konzerte oder Radiosendungen mitschneiden, ausgeliehene oder eigene Schallplatten überspielen und einzelne Titel zu sogenannten Mixtapes zusammenstellen, für Liebesbekundungen oder als persönliche Jahresbestenliste.
Einzig der Bandsalat war stets gefürchtet
Im Journalismus wurde die mobile Technik für Interviewaufnahmen geschätzt. Nur mechanisch hatte sie ihre Tücken. Wenn das Gerät nicht richtig vorwärtsspulte, kam es unverhofft zum sogenannten Bandsalat, den es mühsam zu entwirren galt.
Mit unvergleichlichem Charme
Die Firma Sony brachte 1979 den Walkman auf den Markt, ein Gerät, mit dem Kassetten pflegeleicht unterwegs gehört werden konnten. Vom Walkman wurden bis zum Produktionsende im Jahr 2010 weltweit 200 Millionen Stück verkauft. Nach dem Comeback von Vinyl nun also das Revival der Kassette. Ganz totzukriegen war sie nie:
Im Bereich der Kinderhörspiele war und ist der Kassette ein durchgehendes Leben beschieden. Als erfreulich erweist sich die gute Haltbarkeit des Mediums. Ein Hörtest mit eigenen Konzertaufnahmen aus den späten 1970ern brachte es an den Tag: alles bestens wie einst, Musikqualität tipptopp.
Mag der Ton nicht perfekt sein im Vergleich zu anderen neuen Formaten – das kleine Teil aus Plastik mit dem drehenden Magnetband bietet haptische Erlebnisse, die im digitalen Zeitalter rar geworden sind. Das Medium mit seinem unvergleichlichen Charme und dem nostalgischen Retrotouch bewährt sich in der Gegenwart. Klein, aber oho! Das Radiofeature «Tape Tales» auf SWR 2 geht nun in drei Teilen der Geschichte der Kassette nach.
Radio
Tape Tales – Die vielen Leben der Kompaktkassette (1–3/3)
So, 13.8./20.8./27.8., 14.05 SWR 2
www.ardaudiothek.de