Neues soll entstehen, wenn sich jeweils Ende Februar Musiker aus aller Welt im Berner Kulturhaus Progr zur «Jazzwerkstatt» treffen. Dieses Festival ist als Forum konzipiert, wo keine Repertoires abgespult, sondern Ideen entwickelt werden. «Wenn wir von einer Werkstatt sprechen, meinen wir das wörtlich», sagt Benedikt Reising. Der Berner Saxofonist organisiert das Festival zusammen mit Saxer Marc Stucki und Sänger Andreas Schaerer zum achten Mal.
Fruchtbarer Austausch
Die Musiker laden interessante Kollegen nach Bern ein und arrangieren vielversprechende Begegnungen. Für das Publikum ergaben sich bisher meist Konzerte im intimen Rahmen der Kleinformation. Für 2015 sind aber gleich sechs Grosskollektive angekündigt. Laut Reising Zufall. Die Gastkuratoren des Berliner Jazzkollektivs reisen als Oktett an und werden sich zudem mit hiesigen Jazzern zur Astrocombo Medio-Suizo zusammentun. Der Berner Drummer Dejan Terzic erweitert seine Band Melanoia um ein klassisches Streichquartett. Die in New York lebende Lausanner Pianistin Sylvie Courvoisier bietet zwölf Kollegen aus ihrer alten Heimat zum «Large Ensemble» auf.
Diese orchestrale Dichte ist für die Festivalorganisatoren eine logistische und finanzielle Herausforderung. Sie selbst hatten bereits zwei Grossensembles im Köcher. Saxer und Komponist Patrick Schnyder stellt ein 16-köpfiges Nachfolgeorchester des legendären Ballbreaker Ensemble zusammen, das während Jahren als Hausorchester der Jazzwerkstatt agierte. An der Hochschule der Künste Bern (HKB) übt zudem ein Ensemble aus Studierenden und Dozierenden eine Suite ein, die der Berner Komponist Michael Wertmüller für Lucas Niggli geschrieben hat.
Wagnisse eingehen
Niggli erklärt, worin der Reiz solcher Grossprojekte gerade für frei improvisierende Musiker liegt. «Es macht schlicht Spass, wenn sich so viele Musiker finden mit dem Ziel, komplexe und schwierige Musik mit Drive und Leichtigkeit auf die Bühne zu bringen», sagt der Ustermer Perkussionist. Die Partnerschaft HKB-Jazzwerkstatt biete für ein solches Projekt beste Voraussetzungen. Die HKB-Leitung habe grosszügig Türen geöffnet, indem sie den Kompositionsauftrag gesprochen und Projektleiter Django Bates engagiert habe. Und die Jazzwerkstatt sei optimale Gastgeberin. «Die Musiker sind während vieler Tage anwesend, können in verschiedenen Formationen proben und auftreten», sagt Niggli. Von einem allgemeinen Trend hin zur Grossformation wollen weder Niggli noch Reising sprechen. «Die Ökonomie solcher Projekte ist katastrophal», sagt Niggli. Reising freut sich umso mehr, dass sich Musiker immer wieder an den «Wahnsinn Grossformation» heranwagen.
An der Jazzwerkstatt sind aber auch wieder Kleinformationen zu hören: Escape Argot etwa, das Trio von Drummer Christoph Steiner, das polnisch-deutsch-helvetische Quartett Formula oder das Wiener Trio Schmieds Puls.
Festival
Jazzwerkstatt Bern
Mi, 25.2.–So, 1.3. Progr Bern
www.jazzwerkstatt.ch
Konzert
Zusatzkonzert HKB Large Ensemble
Fr, 27.2., 20.30 Moods Zürich
Radio
Live-Stream der Konzerte auf www.jazzwerkstatt.ch