Die angelsächsische Welt war Ausgangspunkt der Verbreitung einer zwar kurzlebigen, aber umso wichtigeren Kunstbewegung: der Pop Art. Sie forderte zum gestalterischen und gesellschaftlichen Aufbruch auf. Künstler setzten auf Provokationen, auf explizite oder unterschwellige politische Botschaften, wobei sich die Schweizer Künstler nach ausländischen Vorbildern wie dem US-Amerikaner Andy Warhol richteten.
Das Aargauer Kunsthaus erinnert in der Ausstellung «Formen und Tendenzen der Pop Art in der Schweiz» an diese Bewegung. Die Schau vereint rund 270 Werke von Gestaltern wie Niki de Saint Phalle, Rosina Kuhn oder Markus Raetz. Laut Kunsthaus-Direktorin Madeleine Schuppli war Pop Art «Teil einer neuen, unverbrauchten Lebenshaltung, einer unbekümmerten Aufbruchstimmung der durchwegs jungen Kunstschaffenden». Sie vermochte «trotz des konservativen gesellschaftlichen und kulturellen Milieus von innen her zu keimen».
Swiss Pop Art
So, 7.5.–So, 1.10.
Aargauer Kunsthaus Aarau
10% Ermässigung auf die Fahrt mit dem öffentlichen Verkehr und den Eintritt ins Aargauer Kunsthaus.
Weitere Informationen und online kaufen auf sbb.ch/swiss-pop-art.
Franz Gertsch
Der heute 87-jährige Berner Künstler Franz Gertsch hat dieses Bild mit drei Frauen 1967 gemalt – «Mireille, Colette, Anne». Damals war die Pop Art auf dem Höhepunkt ihrer Zeit. Das Werk besticht bis heute mit seiner Farbintensität, die es zu einem beliebten WG-Poster in der 1970er-Jahren machte. Die Frauen, wiewohl nur in ihren Umrissen erkennbar, wirken selbstbewusst und rebellisch mit einer dosierten Erotik. Ihre verschränkten Arme deuten auf eine weibliche Solidarität hin.
Trix und Robert Haussmann
Das heute betagte Zürcher Designer- und Architektenpaar Trix und Robert Haussmann machte sich mit der Gestaltung öffentlicher Räume einen Namen, etwa dem Shopville im Zürcher Hauptbahnhof. Die beiden unermüdlichen Gestalter parodierten in der Zeit des Aufbruchs die öffentliche Kunstwahrnehmung mit diesem scheinbar biederen Stuhl, dem «Choco-Chair», dessen Material süsse Sinnlichkeit verspricht. Sie haben diesen braun lackierten «Heimatstil-Holzstuhl» 1967 geschaffen.
Samuel Buri
So stellte sich der Basler Künstler Samuel Buri den alltäglichen Wahnsinn vor: «Chalet psychédélique» heisst das Bild (1967). Der Titel verweist auch auf Drogenerfahrungen, zumal das Farbenspiel an einen LSD-Trip denken lässt. Typisch für die damalige Zeit ist das gitterartige Raster, das an die Perspektive eines Eingekerkerten erinnert.
Barbara Davatz
Diese handkolorierte Fotografie eines Appenzellers in der Tracht stammt aus dem Jahr 1968. Das Frauenstimmrecht war damals in der Schweiz nur vom Hörensagen bekannt. Die Porträtfotografin Barbara Davatz persifliert mit der Kolorierung den männlichen Auftritt des Älplers, präsentiert ihn lieblich-süss. Ironisch auch der Titel des Werks: «Souvenirs aus Appenzell».
Peter Stämpfli
Momentaufnahmen künstlerisch überhöht: Das ist das Markenzeichen des in Frankreich lebenden Berner Künstlers Peter Stämpfli. In das Ölbild «Pudding» (Werktitel) lässt sich eine ganze Weltanschauung hineininterpretie-ren: etwa Konsumkritik am Überfluss oder eine verschrobene Darstellung des Erstrebenswerten. Stämpfli schuf das Gemälde schon 1964, als sich das gesellschaftliche Unbehagen erst langsam akzentuierte.