Pünktlich zum 20. Geburtstag schliesst das Schweizer Klaviertrio ein ambitiöses Aufnahmeprojekt ab: eine Gesamteinspielung der Werke für Klaviertrio von Ludwig van Beethoven. Dessen Trios sind so etwas wie der heilige Gral der Gattung, es existieren zahllose Einspielungen davon.
Jede CD hält ein Beethoven-Bouquet bereit
Woher kommt das Bedürfnis, etwas zu dieser Diskografie beizutragen? Der Pianist Martin Lucas Staub sagt: «Wir haben die Trios jahrzehntelang im Konzert gespielt – das ist die Voraussetzung für eine adäquate Interpretation.» Ihnen allen sei aber klar gewesen, dass die Einspielung nicht ihr erstes Aufnahmeprojekt sein dürfe.
Schon seit 2011 veröffentlichten sie Aufnahmen beim Label Audite. Sie sind nicht chronologisch angeordnet. Vielmehr hält jede der fünf CDs ein Beethoven-Bouquet bereit, das verschiedene Schaffensphasen des grossen Meisters abbildet. «Sein frühes Werk ist klassisch, filigran und spritzig. Das muss anders klingen als das orchestrale späte Erzherzog-Trio», erklärt Staub.
Von Beethoven haben Staub und sein Trio noch lange nicht genug, wie sie sagen. Im November haben sie das Geistertrio und die Kakadu-Variationen im Konzert gespielt – verbunden mit einer Auftragskomposition von Martin Schlumpf, die sich auf Beethoven bezieht. Ausserdem wird im nächsten Jahr ein weiteres Beethoven-Bonus-Album erscheinen mit den Klavierquartetten. Das hat unter anderem mit einem personellen Wechsel im Trio zu tun: Der Cellist Sébastien Singer musste das Ensemble im Herbst 2016 nach 17 Jahren aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Sein Nachfolger Sasha Neustroev, der auf den letzten zwei Beethoven-CDs spielt, trat just im Jubiläumsjahr aus familiären Gründen ebenfalls zurück.
Seit Frühling 2018 spielt nun Joël Marosi im Trio mit. «Das ist eine sehr erfreuliche Zusammenarbeit. Er hat jahrelang im Zürcher Klaviertrio gespielt, und wir zogen vom ersten Moment an musikalisch am gleichen Strick. Dank der Quartett-CD wird auch er am Beethoven-Projekt beteiligt sein», sagt Staub.
Mit Joël Marosi wieder voll auf Kurs
Die Geschichte des Schweizer Klaviertrios liest sich wie ein direkter Weg nach oben: Der Pianist Martin Lucas Staub und die Violinistin Angela Golubeva, die auch privat ein Paar sind, etablieren das Trio in den ersten Jahren mit zahllosen Konzerten, 2011 wird das Label Audite auf sie aufmerksam, und seither liegen jährlich neue Aufnahmen vor. Dazu kommen Konzerttourneen in über 40 Ländern.
Ob es nicht auch mal eine Krise gab in zwei Dekaden? «Momente des Zweifels gibt es immer», sagt Staub. Manchmal seien dies banale Dinge wie fehlendes Geld für tolle Projekte. «Doch als Sébastien aussteigen musste, haben Angela und ich leer geschluckt. Wir konnten uns eine Auflösung des Trios nicht vorstellen.» Die letzten zwei Jahre seien eine Übergangsphase gewesen. «Mit Joël sind wir jetzt wieder voll auf Kurs.» Dass Joël Marosi zum Trio gekommen ist, sei das Positivste am Jubiläumsjahr gewesen – sie haben einen Weg aus der Krise gefunden.
Natürlich muss man das Schweizer Klaviertrio – auch Swiss Piano Trio – auf seinen Namen ansprechen. Solch selbstbewussten Titeln begegnet man hierzulande selten. Staub erinnert sich: «Zu Beginn wurden wir hin und wieder darauf angesprochen, ob dieser Name nicht etwas arrogant sei. Interessanterweise ist das aber ausschliesslich in der Schweiz passiert.» Im Ausland hingegen würden sich die Leute immer an den Namen erinnern. Und: «Nach zwei Jahrzehnten findet auch in der Schweiz den Namen niemand mehr übertrieben. Wir wollen mit unserer Arbeit zeigen: Es gibt hier Musiker, die etwas zu sagen haben.»
Werke von Schweizer Komponisten spielen
Das Trio war jahrelang praktisch nur im Ausland unterwegs. Inzwischen häufen sich auch die Auftritte in der Schweiz.
Dies nicht zuletzt, weil das Trio vor zehn Jahren das Festival Kammermusik Bodensee gegründet hat. «Für uns ist das Festival ein Labor, wo wir verschiedene Besetzungen und Werke ausprobieren können», sagt Staub.
Eine Prognose, wo das Swiss Piano Trio in 20 Jahren stehen wird, wagt Staub nicht. Nebst einer regen Konzerttätigkeit steht in nächster Zukunft eine Aufnahme von Paul Juons Tripelkonzert von 1912 mit dem Berner Sinfonieorchester und Mario Venzago an. «Der Schweizer Paul Juon wird, gemessen an seiner Qualität, viel zu selten gespielt», sagt Staub. Vor kurzem hat das Trio ebendieses Stück mit dem Musikkollegium Winterthur aufgeführt – «und das Publikum war total überrascht». So nimmt das Swiss Piano Trio seinen selbstbewussten Namen auch als Auftrag, nicht nur zeitgenössische Schweizer Musik zu spielen, sondern die Geschichte zu pflegen. Staub freut sich: «Diese Schiene verfolgen wir in den nächsten Jahren weiter.»
Konzerte
Klang Musiktage Meggen
Werke von Mikhail Glinka und
Nikolai Rimski-Korsakow
Mit Fabio di Casola (Klarinette)
Do, 27.12., 17.45 Schloss Meggenhorn Meggen LU
Klang Musikgenuss Zürich
Beethoven: Variationen über «Ich bin der Schneider Kakadu» op. 121a
Schubert: Trio Es-Dur op. 100
Fr, 28.12., 17.30 Zunfthaus zur Waag Zürich
Mit Ruth Killius (Bratsche)
Zeitspuren von Ludwig van Beethoven bis Martin Schlumpf
Fr, 1.2., 20.00 Kunsthalle Ziegelhütte Appenzell
CD
Beethoven
Sämtliche Werke für Klaviertrio Vol. 5
Swiss Piano Trio
Zürcher Kammerorchester
(Audite 2018)