Streaming: Grenzen sprengen
Künstlerbiografie und Zeitbild: Der Film «Egon Schiele – Tod und Mädchen» widmet sich dem österreichischen Maler und Zeichner, der mit seinen Bildern gegen die herrschende Sittlichkeit verstiess.
Inhalt
Kulturtipp 01/2021
Letzte Aktualisierung:
21.12.2020
Urs Hangartner
Er wird nicht lange leben: Egon Schiele stirbt mit 28 Jahren am 31. Oktober 1918 an der Spanischen Grippe. Die Pandemie hatte ihn dahingerafft. Viel zu jung, viel zu kurz – es liesse sich fragen, wie viel grosse Kunst dieser Mensch noch hätte schaffen können, wenn ihm mehr Zeit geblieben wäre.
Der Film von Regisseur Dieter Berner basiert auf dem biografischen Buch «Tod und Mädchen. Egon Schiele und die Frauen» seiner Gattin Hilde...
Er wird nicht lange leben: Egon Schiele stirbt mit 28 Jahren am 31. Oktober 1918 an der Spanischen Grippe. Die Pandemie hatte ihn dahingerafft. Viel zu jung, viel zu kurz – es liesse sich fragen, wie viel grosse Kunst dieser Mensch noch hätte schaffen können, wenn ihm mehr Zeit geblieben wäre.
Der Film von Regisseur Dieter Berner basiert auf dem biografischen Buch «Tod und Mädchen. Egon Schiele und die Frauen» seiner Gattin Hilde Berger. Es stellt den Menschen in den Mittelpunkt und den Künstler, der am Rande der Armut buchstäblich fiebrig arbeitete. Ohne Frauen ging es freilich nicht: Ebenso wichtig für die Existenz von Egon Schiele (Noah Saavedra) war seine aufopfernde bürgerliche Gattin Edith (Marie Jung), seine Schwester Gerti (Maresi Riegner) und Wally (Valerie Pachner), Muse und Modell. Sie war gerade mal 17 Jahre alt, als sie als «Vorbild» und Geliebte ins Leben von Schiele trat.
Die Kunstschule warf Egon Schiele raus
Der Film ist ein Stück Kunstgeschichte und lässt am Beispiel Schieles in die sogenannte Wiener Moderne blicken. Ihm war das herkömmliche, akademische Kunstschaffen ein zu enges Korsett. Und umgekehrt war der Kunstschule ihr Schüler nicht genehm – sie warf ihn raus. Schiele überwand die von der Zeit gesteckten Grenzen, fand hin zum Expressionismus, zum «wilden» Ausdruck. Und verstiess vor allem mit seinen «gewagten» Frauenakten und -porträts gegen die herrschende Sittlichkeit. Und gegen das Gesetz. Unzüchtig seien seine Bilder, hiess es in einem Richterspruch. «Entsetzlich» urteilte der Kaiser vor einem Schiele-Bild in einer Ausstellung.
Rund 2000 Zeichnungen und Aquarelle sowie 300 Ölgemälde sind zeitlebens entstanden. Egon Schiele war der Erfolg allerdings nicht vergönnt. Heute sind seine Arbeiten Millionen wert.
Der beeindruckende Künstlerfilm von 2016 ist für vier Monate in der Mediathek von 3sat zu sehen.
Egon Schiele – Tod und Mädchen
Regie: Dieter Berner
AT 2016, 104 Minuten
In der 3sat-Mediathek bis 30.4.: www.3sat.de/film