Stefan Zweifel - Meine Kulturwoche
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Kulturtipp 18/2012
Letzte Aktualisierung:
15.11.2013
Stafan Zweifel
Als Vorbereitung auf den «Literaturclub» habe ich im Sommer zahlreiche Bücher gleichzeitig gelesen. Wie in einem kubistischen Bild entstehen dabei komische Effekte und Überlagerungen. An der Bücher-Auswahl tüfteln wir noch: Wichtig ist mir, dass kontroverse Diskussionen entstehen, die einen unerwarteten Verlauf nehmen. Empfehlen kann ich Elisabeth Edls Neuübersetzung von Flauberts «Madame Bovary». Es ist erstaunlich, dass vor ihr noch niemand d...
Als Vorbereitung auf den «Literaturclub» habe ich im Sommer zahlreiche Bücher gleichzeitig gelesen. Wie in einem kubistischen Bild entstehen dabei komische Effekte und Überlagerungen. An der Bücher-Auswahl tüfteln wir noch: Wichtig ist mir, dass kontroverse Diskussionen entstehen, die einen unerwarteten Verlauf nehmen. Empfehlen kann ich Elisabeth Edls Neuübersetzung von Flauberts «Madame Bovary». Es ist erstaunlich, dass vor ihr noch niemand den Versuch gemacht hat, Flauberts Sprachrhythmus auf Deutsch nachzuahmen. Eine Neuentdeckung von 1947 ist Gaito Gasdanows «Das Phantom des Alexander Wolf». Den Roman habe ich in einem Zug durchgelesen. Nächstens nehme ich mir Pedro Lenzs «Dr Goalie bin ig» vor. Mich interessiert der Vergleich mit der hochdeutschen Fassung von Raphael Urweider – eine kühne Angelegenheit! Arno Camenischs «Ustrinkata» habe ich ebenfalls mit Genuss gelesen. Bei seinen Büchern lese ich auch die rätoromanische Fassung, obwohl ich nicht alles verstehe. Als ich mit Sommergrippe im Bett lag, habe ich mich durch «Fifty Shades Of Grey» von E.L. James durchgebissen. Es ist so unglaublich schlecht geschrieben, dass ich die Sätze wohl nicht nur wegen meines Kopfwehs nicht verstanden habe. Wer sich für erotische Literatur interessiert, sollte besser «Die Geschichte der O» von Pauline Reage oder «l’Image» von Jean de Berg lesen – oder natürlich Marquis de Sade.
Mein zweieinhalbjähriger Sohn hat mein kulturelles Verhalten verändert. Ins Kino gehe ich nicht mehr oft. Woody Allens «To Rome With Love» möchte ich aber sehen, obwohl ich von seinem letzten Film «Midnight In Paris» enttäuscht war – ich hatte mir etwas Wilderes vorgestellt. Im Schauspielhaus lasse ich mir Ibsens «Baumeister Solness» nicht entgehen. Ich bin gespannt, wie Schauspieler Robert Hunger-Bühler seine Rolle interpretiert. Ausstellungen lassen sich mit Kind gut besuchen. Bei «Deftig Barock» im Kunsthaus haben mich Desiderios Traumlandschaften und Ruinen fasziniert. Empfehlenswert ist die Manuskript-Sammlung in der Fondation Bodmer in Genf. Das zwölf Meter lange Sade-Manuskript ist ein Kunstwerk für sich. Ich selbst arbeite momentan mit Juri Steiner an einer Ausstellung im Centre Dürrenmatt zum Thema Labyrinthe bei Dürrenmatt, Klee, Picasso u.a.
An Konzerte oder Festivals gehe ich selten, ich mag keine Menschenmengen. Daheim läuft bei mir von Bach über Björk bis Rage Against the Machine alles. Zum Arbeiten höre ich oft eine bestimmte Musik: Etwa Pink Floyd bei der Übersetzung zu Rousseaus «Träumereien eines einsam Schweifenden». Am Radio gefällt mir die Sendung «Reflexe» auf DRS 2. Im Fernsehen schaue ich am liebsten Fussball, die «Arena» und «Sternstunde Philosophie» – oder als Ausgleich und zum geselligen Zusammensein Serien wie «Desperate Housewives»