Die Adlige Isabella Clara Eugenia (1566–1633) ist eine kontroverse historische Gestalt. Sie war mit ihrem Mann, Erzherzog Albrecht, spanische Statthalterin in den Niederlanden, doch die Leute dort mochten keine auswärtigen Adligen. Die Niederländer fühlten sich als Protestanten von den Katholiken schikaniert und hatten allen Grund dazu.
Isabella Clara Eugenia hatte wenigstens guten Geschmack, wie die Gemälde holländischer Meister wie Peter Paul Rubens zeigen: Sie liebte ihre Garderobe, die raffinierte Spitzen zierten. Vielleicht trug sie sogar solche aus der Ostschweiz. Seit dem 16. Jahrhundert posierten weltliche und geistliche Herrscher auf den zeitgenössischen Gemälden in wertvollen Spitzen, die in aufwendiger Handarbeit angefertigt wurden.
Filigrane Stoffe aus feinsten Garnen
Das St. Galler Textilmuseum zeigt nun in einer neuen Ausstellung 160 historische Spitzenstoffe aus verschiedenen Epochen und Ländern, die in unterschiedlichen Techniken hergestellt wurden. Diese Objekte dokumentieren die modische Entwicklung von der Renaissance bis zur ersten Machtentfaltung des Bürgertums im 18. Jahrhundert, und sie sind in einem gesellschaftlichen Zusammenhang zu sehen. So werden liturgische Kleider, sogenannte Kasel, aus dem 17. Jahrhundert gezeigt sowie eine Prunkdecke vom spanischen Hof, wo offenbar das Faible für Spitzen besonders ausgeprägt war.
Spitzen sind filigrane Stoffe, gefertigt aus feinsten Garnen. Sie symbolisierten früher politische Macht und zeichneten die Trägerin oder den Träger als eine auserwählte Persönlichkeit aus, die mit irdischen Gütern gesegnet war. So gesehen hat die teure Kleidung von Isabella Clara Eugenia nicht zwingend zu mehr Popularität bei den holländischen Untertanen geführt. Immerhin schlugen sie beim Maler Peter Paul Rubens ein. Isabella Clara Eugenia und der Künstler kamen sich näher, nachdem der Erzherzog ein frühzeitiges Ende gefunden hatte.
St. Galler Spitzen noch heute begehrt
Heute sind diese Textilien zwar immer noch wertvoll, aber entpolitisiert. Die letzten St. Galler Spitzen, die für Aufsehen sorgten, trug die Engländerin Pippa Middleton bei der Hochzeit ihrer Schwester Kate. Denn die Ostschweizer Textilindustrie hat bis heute überlebt, auch wenn sie im Vergleich zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bescheidener ist. Pippas Outfit fand zwar grosse Beachtung in den Medien, politischen Respekt hat es indes den britischen Untertanen kaum eingeflösst.
Spitzen der Gesellschaft
Fr, 26.10.–So, 10.2.
Textilmuseum St. Gallen