Spielfilm: Wenn Familien implodieren
Tiere? Gibts in diesem Film viele. «Der Spatz im Kamin» ist aber vor allem ein Crescendo der innerfamiliären Grausamkeiten.
Inhalt
Kulturtipp 20/2024
Hans Jürg Zinsli
Draussen auf der Insel versammeln sich die Kormorane, während drinnen im Haus der Hund bellt, die Katze in der Waschmaschine rotiert und der titelgebende Vogel aus einem alten Ofen flattert. Mit «Der Spatz im Kamin» beenden die Berner Zwillingsbrüder Ramon und Silvan Zürcher ihre Tiertrilogie.
Wobei schon in «Das merkwürdige Kätzchen» (2013) und «Das Mädchen und die Spinne» (2021) die Themen Familie oder Beziehung im ...
Draussen auf der Insel versammeln sich die Kormorane, während drinnen im Haus der Hund bellt, die Katze in der Waschmaschine rotiert und der titelgebende Vogel aus einem alten Ofen flattert. Mit «Der Spatz im Kamin» beenden die Berner Zwillingsbrüder Ramon und Silvan Zürcher ihre Tiertrilogie.
Wobei schon in «Das merkwürdige Kätzchen» (2013) und «Das Mädchen und die Spinne» (2021) die Themen Familie oder Beziehung im Vordergrund standen. Im letzten Teil ziehen sie die Schrauben nun aber deutlich an: Karen (Maren Eggert), die mit ihrem Mann Markus (Andreas Döhler) und den beiden Kindern in ihrem Elternhaus wohnt, scheint irgendwie abwesend zu sein. Wie ein Hausgeist steht sie überall im Weg oder herrscht ihr Umfeld an, während sich ihr Mann heimlich mit der Hundesitterin vergnügt.
Besuch der Schwester löst ein Inferno aus
Als zu Markus’ Geburtstag Karens Schwester Jule (Britta Hammelstein) mit Familie anreist, ist das Karen weitgehend egal. Kochen tut eh der halbwüchsige Sohn (Ilja Bultmann), während sich die pubertierende Tochter (Lea Zoë Voss) in der Schule mit einem Zirkel den Handrücken malträtiert und sich an ihren Onkel ranschmeisst.
Draussen im Garten zappelt unterdessen ein kopfloses Huhn. Das alles potenziert sich langsam, aber stetig zu einem Gewaltcrescendo inklusive herbeifantasierter Selbstverstümmelungen. Auslöser ist Karens unterdrückter Hass gegen die längst verstorbenen Eltern.
Es kommt zu bitteren Worten, und immer fragt jemand mit verächtlichem Unterton: «Was machst du da?» Das bleibt spannend, solange sich die Kamera durch die enge Altbauwohnung zwängt.
Als dann aber das Haus – aus der Ferne betrachtet – gleich zweimal in Flammen aufgeht, scheint diese Katharsis doch zu gross für den intimen Film. Gerade in der Reduktion haben die Gebrüder Zürcher bislang ihre Klasse bewiesen.
Der Spatz im Kamin
Regie: Ramon Zürcher, CH 2024
117 Min., ab Do, 19.9., im Kino