Ist es ein Melodram? Ein Horrorfilm? Oder eher Science- Fiction? Bei «La Bête» lässt sich das nicht so genau sagen. Klar ist erst mal nur, dass Gabrielle (Léa Seydoux), die Frau eines wohlhabenden Pariser Puppenfabrikanten um 1910, sich vor etwas unfassbar Schrecklichem fürchtet, das ihr widerfahren wird. Von dieser Angst erzählt sie bei einem Salonevent Louis (George MacKay), der ihr an den Lippen hängt.
Regisseur Bertrand Bonello lässt seinen Film aber bald noch auf zwei weiteren Ebenen spielen: 2014 ist Gabrielle ein angehendes Model in Los Angeles, wo sie von einem bewaffneten Stalker (Louis) verfolgt wird.
Und 2044 kann Gabrielle in Paris nur dann einen anspruchsvollen Job bekommen, wenn sie sich einer DNA-Reinigung unterzieht, um «geerbte Traumata der letzten Jahrhunderte zu beseitigen». So formuliert das jedenfalls eine alles kontrollierende «künstliche Intelligenz».
Filmerlebnis zwischen Haneke und Lynch
Faszinierend an diesem Film, der lose an die Kurzgeschichte «The Beast in the Jungle» von US-Autor Henry James aus dem Jahr 1903 angelehnt ist, sind die sorgsam gedrechselten Erzählschlaufen mit wiederkehrenden Warnzeichen.
Mal ist es eine Taube, mal eine Wahrsagerin oder eine Puppe (zuletzt sogar aus Fleisch und Blut), die Böses erwarten lässt. Das macht diesen unterkühlten, um nicht zu sagen schockgefrorenen Film zu einem Erlebnis irgendwo zwischen Michael Haneke («Funny Games») und David Lynch. Wobei Regisseur Bonello vor allem bei Letzterem punkto Bildsymbolik sehr genau hingeschaut hat.
Ein Bad voll schwarzer Schlacke, eine brennende Puppenfabrik, ein nur noch mit Gasmaske betretbares Paris: Das alles lässt einen schauernd durch diese Welt voller Verbote, Verzweiflung und Versagen taumeln. Mag sein, dass «La Bête» nicht volle zweieinhalb Stunden lang die Spannung aufrechthalten kann. Dafür hallt das evozierte Unbehagen umso länger nach.
La Bête
Regie: Bertrand Bonello
Frankreich/Kanada 2023
145 Minuten, ab Do, 8.8., im Kino