Sie ist 93, verwitwet, schwerhörig, und dann fällt Thelma (June Squibb) auch noch auf einen Enkeltrickbetrüger rein. Ihr Enkel Danny (Fred Hechinger) sei im Knast, heisst es, 10'000 Dollar soll Thelma zahlen – und die alte Dame bringt das Geld gutgläubig zur Post.
So weit, so realitätsnah. Regisseur Josh Margolin beruft sich für sein Regiedebüt auf ein Erlebnis seiner eigenen Grossmutter. Nun wäre diese Thelma zweifellos dazu prädestiniert, eine tragische Figur abzugeben, aber das fällt der Seniorin nicht im Traum ein.
Denn erstens steht ihr Danny mit Rat und Tat zur Seite, wenn er nicht grad am Rumgammeln ist. Und zweitens verfügt sie über einen ziemlichen Sturkopf, spätestens seit sie im Fernsehen Tom Cruise im Film «Mission: Impossible» gesehen hat. Da muss Action her.
Also macht sich Thelma auf den Weg, recherchiert den Aufenthaltsort der Betrüger und sichert sich im Altersheim die Hilfe von Freund Ben (Richard Roundtree), mit dem sie gleich mal ein Rennen auf dem Elektroscooter austrägt, bevor sie gemeinsam losbrettern.
«Thelma», koproduziert vom früheren Zurich-Film-Festival-Direktor Karl Spoerri, ist vielleicht nicht das subtilste Werk des Jahres. Doch die US-amerikanische Schauspielerin June Squibb, die für «Nebraska» (2013) eine Oscar-Nomination erhielt, könnte mit etwas Glück genau dieses Kunststück wiederholen. Jedenfalls spielt sie ihre allererste Hauptrolle mit solch einnehmender Power und Nonchalance, dass man ihr fast alle Kniffs und Tricks abnimmt.
«Thelma» überzeugt als Actionkomödie, die geruhsam zwischen den Themen Einsamkeit, Freundschaft, Ausbeutung und Vergänglichkeit mäandriert. Über ein paar Umständlichkeiten kann man dabei hinwegsehen und sich stattdessen an der One-Woman-Show dieser entschlossenen Seniorin erfreuen.
Thelma
Regie: Josh Margolin CH/USA 2024
98 Min., ab Do., 17.10., im Kino