Cléo (Louise Mauroy-Panzani) ist ein aufgewecktes sechsjähriges Mädchen mit Wuschelfrisur und dicken Brillengläsern. Da ihr verwitweter Vater Arnaud (Arnaud Rebotini) wenig Zeit hat, wird sie in Paris hauptsächlich von ihrer Nanny Gloria (Ilça Moreno Zego) aufgezogen. Die beiden haben ein herzliches Verhältnis, aber als Glorias Mutter stirbt, muss sie zurück in ihre Heimat. Sie schlägt vor, dass Cléo die Sommerferien bei ihr auf den Kapverden verbringen darf, und das Mädchen setzt so viel Druck auf, bis der Vater einlenkt.
«Àma Gloria» ist ein Film, der einen ab der ersten Sekunde ans Herz rührt – ob man will oder nicht. Das hat vor allem mit dem Spiel der Kinderdarstellerin zu tun, deren ungefilterte emotionale Achterbahnfahrten allein das Eintrittsgeld wert sind.
«Geh zurück, wo du herkommst»
Auf der Insel angekommen, wird Cléo bald auf die Probe gestellt. Denn Gloria, die ihre eigene Familie vernachlässigt hat, muss sich dringend um ihre hochschwangere Tochter Fernanda (Abnara Gomes Varela) und den entfremdeten Sohn César (Fredy Gomes Tavares) kümmern. «Geh zurück, wo du herkommst», herrscht César die kleine Cléo einmal an.
Spätestens da sind wir in einer Migrantengeschichte mit umgekehrten Vorzeichen angelangt, die vom Schmerz und von den Schwierigkeiten eines Lebens in der Fremde berichtet. Und Cléo muss lernen, dass man nicht immer im Mittelpunkt stehen kann. Regisseurin Marie Amachoukeli-Barsacq navigiert in ihrer autobiografisch geprägten Geschichte stilsicher zwischen Abschied, Wiedersehen und Alltag.
Zudem bietet der Film eine spannende Sicht auf den Kolonialismus, wenn die kindliche Hauptfigur zu unlauteren Mitteln greift, um die Aufmerksamkeit von Gloria wiederzuerlangen. Etwas gewöhnungsbedürftig sind höchstens die zahlreichen animierten Intermezzi, welche die Geschichte zu wenig voranbringen.
Àma Gloria
Regie: Marie Amachoukeli-Barsacq, F 2023, 85 Minuten
Ab Do, 13.6., im Kino