Spielfilm: Risse in der Familienidylle
Im sambischen Spielfilm «On Becoming a Guinea Fowl» stirbt ein Mann nach einem Bordellbesuch. Das schüttelt seine Hinterbliebenen auf ungeahnte Art durch.
Inhalt
Kulturtipp 04/2025
Hans Jürg Zinsli
Ist es eine Komödie? Die junge Shula (Susan Chardy) ist auf dem Heimweg von einer Verkleidungsparty. Sie trägt einen aufgeplusterten marshmallow-ähnlichen Bodysuit und eine glitzernde Kopfbedeckung. Dann stoppt sie das Auto. Auf der Strasse liegt ihr Onkel Fred, er ist tot. Ein Anruf bei ihrem Vater hilft nicht viel, der hat nicht mal Geld fürs Taxi, und als die betrunkene Schwester an die Scheibe klopft, ignoriert Shula sie eisern.
Regis...
Ist es eine Komödie? Die junge Shula (Susan Chardy) ist auf dem Heimweg von einer Verkleidungsparty. Sie trägt einen aufgeplusterten marshmallow-ähnlichen Bodysuit und eine glitzernde Kopfbedeckung. Dann stoppt sie das Auto. Auf der Strasse liegt ihr Onkel Fred, er ist tot. Ein Anruf bei ihrem Vater hilft nicht viel, der hat nicht mal Geld fürs Taxi, und als die betrunkene Schwester an die Scheibe klopft, ignoriert Shula sie eisern.
Regisseurin Rungano Nyoni, 1982 in Sambia geboren, in England aufgewachsen und nun in Portugal wohnhaft, fächert in ihrem zweiten Spielfilm ein Familienporträt aus ihrer afrikanischen Heimat auf. Wobei der Fokus zunächst auf den weiblichen Familienangehörigen liegt, die sich punkto adäquater Trauer gegenseitig überbieten und am Boden wälzen, während die Männer hauptsächlich nach Spezialmenüs während der tagelangen Trauerperiode verlangen.
Eine Cousine nach der anderen packt aus
«On Becoming a Guinea Fowl», in der Cannes-Sektion «Un Certain Regard» für die beste Regie ausgezeichnet, entwirft ein Sittenbild, das zugleich fremd und vertraut erscheint. Den Hüterinnen und vor allem Hütern der Ordnung darf man nicht trauen. Die Familienidylle bekommt spätestens dann Risse, als bekannt wird, dass Onkel Fred direkt gegenüber eines Bordells gestorben ist. Und der Film nimmt weiter Fahrt auf, als man erfährt, dass der Mann nichts ausgelassen hat bezüglich Missbrauch in der eigenen Familie. Eine Cousine nach der anderen packt aus, sodass es einem das Herz immer mehr zusammenzieht.
Der laute Schrei des Vogels
Aber wie ist das mit dem titelgebenden Perlhuhn (Guinea Fowl)? Die Vögel sollen in Afrika dafür bekannt sein, dass sie bei Gefahr ihre Artgenossen mit einem lauten Schrei warnen. Auf diesen Schrei muss man im Film von Rungano Nyoni warten. Aber er kommt, wenn man die Geduld dafür aufbringt.
On Becoming a Guinea Fowl
Regie: Rungano Nyoni, Irland/UK/USA/Sambia 2024, 95 Minuten
Ab Do, 13.2., im Kino