Spielfilm: Nur noch weg hier
In Josef Haders Film «Andrea lässt sich scheiden» verzweifelt eine Frau an der Provinz. Birgit Minichmayr spielt das mit faszinierend entgeisterter Miene.
Inhalt
Kulturtipp 08/2024
Hans Jürg Zinsli
Es könnte ein Foto sein. Links und rechts Bäume und Felder, in der Mitte eine Strasse, die auf einen Hügel zuläuft. Nichts regt sich. Nur Polizistin Andrea (Birgit Minichmayr) und Kollege Georg (Thomas Schubert) stehen hier wie versteinerte Wesen rum und unterhalten sich über Sinn und Unsinn von Geburtstagen. Sie führen in dieser verlassensten aller Gegenden eine Geschwindigkeitskontrolle durch. Nach dem urban imprägnierten Regiedebüt «Wilde Maus&...
Es könnte ein Foto sein. Links und rechts Bäume und Felder, in der Mitte eine Strasse, die auf einen Hügel zuläuft. Nichts regt sich. Nur Polizistin Andrea (Birgit Minichmayr) und Kollege Georg (Thomas Schubert) stehen hier wie versteinerte Wesen rum und unterhalten sich über Sinn und Unsinn von Geburtstagen. Sie führen in dieser verlassensten aller Gegenden eine Geschwindigkeitskontrolle durch. Nach dem urban imprägnierten Regiedebüt «Wilde Maus» hat es Regisseur und Comedian Josef Hader aufs Land gezogen.
Aber da, im nordöstlichsten Teil Österreichs, dem Weinviertel, hat man es ebenfalls nicht leicht. Es gibt gesichtslose Strassendörfer, geadelt mit Verkehrskreiseln, in denen eine phallusartige Zwiebel thront. Jeder kennt jeden, alle beschnüffeln alle, die Polizei betreibt Suizidprävention oder Waffenkontrollen, und im Zweifelsfall will niemand etwas sagen. Mit komplett leerem Blick Andrea hat es immerhin versucht, mit einem Beruf, mit einer Ehe und mit einem Gesichtspanzer sondergleichen.
Wie Birgit Minichmayr diesen Provinzüberdruss mit komplett leerem Blick spielt, ist ein Erlebnis. Aber jetzt will diese Andrea, die provisorisch zu ihrem kranken Vater ins einstige Kinderzimmer gezogen ist, nur noch weg. Nach St. Pölten, wohin sie der ihr zugeneigte Walter (Robert Stadlober) eingeladen hat. Blöd nur, dass sie nach der Geburtstagsparty von Kollege Georg auf dem Heimweg versehentlich ihren Noch-Ehemann (Thomas Stipsits) überfährt.
Als jedoch der angeblich trockene Religionslehrer Franz (Hader) auch noch über die Leiche rollt und sich dieser Büsser geradezu prädestiniert fühlt, im Gefängnis zu schmoren, entfaltet sich die ganze Tragikomik der Geschichte. Andreas Polizeikollege fasst das einmal so zusammen: «Eine Scheissgegend ist das. Die Frauen ziehen weg, und die Männer werden immer komischer.»
Andrea lässt sich scheiden
Regie: Josef Hader
Ö 2024, 95 Minuten
Ab Do, 11.4., im Kino