Eine gelangweilte junge Frau, die, von ihrem Ehemann vernachlässigt, freudlose Tage in einem goldenen Käfig verbringt. So könnte man Sofia Coppolas filmisches Markenzeichen seit ihrem Durchbruch mit «Lost in Translation» (2003) zusammenfassen. Kleiner Unterschied: Während vor 20 Jahren die Kamera als Erstes auf den Hintern von Scarlett Johansson zielte, sind es nun in «Priscilla» die lackierten Zehennägel von Cailee Spaeny, die ins Bild gerückt werden.

Es ist ein Vorgeschmack darauf, wie stark sich das Erscheinungsbild der Hauptfigur in 15 Jahren verändern wird. Spaeny spielt Priscilla Beaulieu, die als 14-Jährige auf den in Deutschland als Soldat stationierten Elvis Presley (Jacob Elordi) trifft. Der zehn Jahre ältere King of Rock ’n’ Roll ist vom ersten Moment an hingerissen, aber es braucht viel Überzeugungsarbeit bei Priscillas Stiefvater, der ebenfalls in militärischen Diensten ist, damit das Töchterchen bei Elvis’ Privatpartys dabei sein darf.

Als der Star dann in die USA zurückkehrt, folgt sie ihm per First-Class-Flug in sein Anwesen Graceland, da er sie zu heiraten verspricht, sobald sie 18 wird. Da scheint eine Zukunft noch vorstellbar.

Priscilla wird zur desillusionierten Gattin
Aber bald nimmt das Paar gemeinsam Schlaftabletten, und für Priscilla werden die Grenzen immer enger gesteckt: Sie darf nicht in einer Boutique jobben oder mit Angestellten sprechen, und sie darf keinen Sex mit Elvis haben, muss aber jederzeit erreichbar sein. Das macht sie zu einer Dulderin, während ihr Gemahl an Filmsets keine Affäre auslässt, zum Tyrannen mutiert und Möbelstücke nach ihr wirft, wenn ihm etwas nicht passt.

So mag man sich fragen, wie es Priscilla Presley, auf deren Autobiografie Coppolas Film beruht, überhaupt so lange mit dem King aushielt. Man könnte aber auch fragen, was «Priscilla» noch aufzufahren vermag, was nicht schon in Baz Luhrmanns Film «Elvis» (2022) verhandelt wurde. Tatsächlich ist hier kaum etwas von Elvis’ Manager Colonel Parker zu sehen, von Elvis-Konzerten oder rauschenden Filmpartys ganz zu schweigen. Stattdessen erleben wir die Verwandlung eines schwärmerischen Mädchens in eine desillusionierte Gattin und Mutter.

Das ist die grosse Stärke von Sofia Coppola, wenn sonst nichts funktioniert: Eine Stimmung des Verlorenseins erzeugen, das kann sie perfekt. Das Paradoxe dabei: Elvis scheint in «Priscilla» die dominante Figur zu sein, dabei ist er im Grunde nur abwesend oder launisch oder desinteressiert. Die Frau hingegen, die er sich «gebaut» hat («schwarze Haare», «mehr Make-up», «blau steht dir»), hält es in seinem von immer mehr Vorhängen abgedunkelten Luxus-Gefängnis irgendwann nicht mehr aus.

Cailee Spaeny brilliert als Priscilla
Diese Hoffnung, Enttäuschung und Fassungslosigkeit, die immer wieder aus Cailee Spaenys Gesicht spricht, macht den zwischen 1958 und 1973 spielenden Film zum Erlebnis. Und auf Spaenys weitere Karriere darf man gespannt sein, wurde sie doch für «Priscilla» am Filmfestival Venedig als beste Darstellerin ausgezeichnet und ist jetzt für einen Golden Globe nominiert.

Priscilla
Regie: Sofia Coppola
USA/I 2023, 110 Minuten
Ab Di, 26.12., im Kino