Nein, das hätte man nicht auch noch erfahren wollen. Francis Ford Coppola wird derzeit beschuldigt, am Set seines jüngsten Films «Megalopolis» Komparsinnen ohne deren Einverständnis berührt und geküsst zu haben. Worauf der 85-Jährige mit einer Klage gegen das Branchenblatt «Variety» reagierte, das darüber berichtet hatte.
Es ist vielleicht der letzte Eklat rund um einen Regisseur, der vor allem in Extremen existiert. Angefangen bei seiner Mafia-Trilogie «Der Pate» (1972–1990) bis hin zum Vietnamkriegswahnsinn «Apocalypse Now» (1979).
Bei Letzterem hatte Coppola wegen massiver Budgetüberschreitungen Millionen seines Privatvermögens einschiessen müssen. Später beklagte er sich darüber, dass ihn Hollywood fallen gelassen habe.
Ja, Coppola war mal der Massstab aller Cineasten. Im Gegensatz zu «New Hollywood»Kollegen wie Martin Scorsese konnte er sein Niveau jedoch nicht halten.
Nun meldet er sich mit einem Projekt zurück, das ihm angeblich schon seit den 80er-Jahren vorschwebte und das jetzt nur deshalb realisiert werden konnte, weil Coppola einen Grossteil seiner Weingüter verkaufte, um das Budget von 120 Millionen Dollar zu stemmen.
Altrömisch und futuristisch zugleich
Was man von «Megalopolis» sagen kann: Der Wahnsinn hat auch hier Methode, der Voyeurismus ebenso. Jedenfalls sind die leicht bekleideten Frauen in allerlei bacchantischen Nachtclubszenen kaum zu zählen, während die funkelnde Städtelandschaft altrömisch und futuristisch zugleich anmutet.
In diesem New Rome tritt Cesar Catilina (Adam Driver), Vorsteher der Designbehörde, als Erstes auf einen Dachvorsprung über dem Häusermeer heraus, wo er kurz vor seinem Sturz die Zeit anhält. Nur, weil er es kann. Da scheint uns Coppola einen Vorgeschmack auf seinen nachfolgenden Weltuntergangszirkus geben zu wollen, bei dem er alle künstlerischen und technischen Register zieht.
Es ist aber auch etwas los in dieser dem Untergang geweihten Stadt: Gladiatorenkämpfe, Wagenrennen, ein abstürzender Satellit, Demonstrationen, lange Ansprachen und noch längere Autofahrten durch computergenerierte Strassenschluchten, in denen fluide Riesenstatuen kollabieren.
Palastrevolutionen und Intrigen
In diesem New Rome versucht Bürgermeister Cicero (Giancarlo Esposito) eine Art Restkultur zu bewahren, während Cesar die Stadt abreissen und mit seinem unzerstörbaren Baustoff Megalon neu formen möchte.
Aber dann verliebt sich Cesar in Ciceros Tochter Julia (Nathalie Emmanuel), und so kommt es zu Intrigen, Palastrevolutionen und Versöhnungen, die allesamt dermassen überhöht wirken, dass man der Geschichte nur mit Mühe folgen kann.
Es ist, als hätte Coppola in diesem fast schon manischen Opus magnum die ganze Kinohistorie in zweieinhalb Stunden zitieren wollen – inklusive optischer Monstrositäten, Allegorien und pseudophilosophischen Gedönses.
Meistens tun einem dabei aber einfach Altstars wie Jon Voight leid, die offensichtlich keine Ahnung haben, wozu sie in der Gegend herumstehen. Der Regisseur womöglich auch nicht. Der wäre wohl besser bei seinem Weinberg geblieben.
Megalopolis
Regie: Francis Ford Coppola
USA 2024, 138 Minuten
Ab Do, 26.9., im Kino