Braucht man ihn noch vorzustellen? Derzeit vergeht kaum ein Tag ohne Breaking News über den US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Was weniger bekannt ist: Der 78-Jährige war nicht immer dieser machtgierige Egozentriker, Lügner und Verbrecher. Es gab da einen früheren Donald Trump, und von dieser Zeit und der anschliessenden Verwandlung erzählt «The Apprentice».
Mit 27 Jahren trifft Trump auf seinen Mentor
Regisseur Ali Abbasi setzt mit der Filmbiografie 1973 ein, als Trump ein 27-jähriger Playboy ist, unerfahren, unsicher in der Gestik und Teilhaber in der Immobilienfirma seines Vaters, die gerade eine staatliche Klage wegen Rassismus gegenüber potenziellen Mietern am Hals hat.
Aber dann erblickt der junge Donald (Sebastian Stan) in seinem Lieblingsclub einen Mann mit versteinerter Miene und Killerblick: Es ist Ray Cohn ( Jeremy Strong), einst treibende Kraft bei der McCarthy-Kommunistenhatz und jetzt auf der Suche nach einem jungen Protegé.
Die beiden finden sich, und Trump lernt von Ray Cohn drei Grundsätze: Erstens: Attack, attack, attack! Zweitens: Gib nie etwas zu, streite alles ab. Drittens: Verkaufe eine Niederlage immer als Sieg. Es sind Grundsätze, die Trumps Entwicklung langsam, aber bestimmt in eine Manie zur totalen Machtanhäufung lenken.
Wie man Gegner niedermäht, demonstriert in «The Apprentice» jedoch zunächst Cohn: Er gewinnt den Mieterprozess für die Trump-Gruppe, indem er zur Gegenklage rät und – als die Niederlage praktisch feststeht – den verantwortlichen Staatsangestellten mit Fotos von dessen homosexuellen Abenteuern blossstellt. Ein umso ruchloseres Manöver, als Cohn selbst ein verkappter Homosexueller war.
Moralischer Zerfall eines Machtgierigen
Dabei geht der Regisseur klug vor, wenn er die von Cohn gesteuerte Ver-Trumpung in kunstvoll erzeugter Altertümlichkeit zeigt. Wenn der junge Donald vor dem Baugelände seines ersten Bauprojekts, des Grand Hyatts direkt neben der Grand Central Station in New York, angerempelt wird, kann man den 70er-Jahre-Schmutz von der Strasse förmlich riechen. Wenn er in den 80ern den Trump Tower einweiht, strahlt Eiseskälte von den marmornen Wänden.
Aber das ist nicht alles. Das Verhältnis zu Trumps Vater, zu seinem früh verstorbenen alkoholabhängigen Bruder und zur ersten Ehefrau Ivana (Maria Bakalova) wird in seiner ganzen Monstrosität gezeigt, inklusive Vergewaltigungsszene. So wirkt «The Apprentice», als würde man dem moralischen Zerfall eines Machtgierigen im Zeitraffer zuschauen.
Als Trump sich von Ray Cohn abwendet, nachdem dieser an Aids erkrankt, und sich lieber Bauchfett absaugen lässt und seinen Haarausfall mittels Kopfhautentfernung eindämmen will, ist der Vollblutnarzisst praktisch mit Händen zu greifen – nicht zuletzt dank Hauptdarsteller Sebastian Stan (bislang vor allem aus Marvel-Superheldenfilmen bekannt), der die Entwicklung von Trump erschreckend gut hinbekommt.
The Apprentice
Regie: Ali Abbasi, USA/Kanada/Dänemark/Irland 2024, 120 Min.
Ab Do, 17.10., im Kino