So etwas konnte nur Loriot sagen: «Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.» Ein korrekt und knapp formulierter, durchaus verständlicher Satz ist das, auf den zweiten Blick aber doch reichlich skurril. Loriot liebte Möpse und sah in ihrer drolligen Tapsigkeit den Archetypus des deutschen Durchschnittsbürgers der Wirtschaftswunderjahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Das untersetzte Tier stand ihm Modell für unzählige Zeichnungen und Karikaturen, die aber nur selten veröffentlicht wurden. Liebhaber des 2011 verstorbenen norddeutschen Künstlers und Humoristen können deshalb jubeln: In seinem Nachlass sind 400 unveröffentlichte Zeichnungen aufgetaucht, darunter 31 bis anhin private Möpse. Diesen Schatz hat Loriots Tochter Susanne von Bülow nun im Sammelband «Spätlese» herausgegeben.
Mops als Grusskarte
Einen beglückt durch die Lande springenden Tanz-Mops hatte Loriot ursprünglich als Grusskarte an einen befreundeten Tierarzt geschickt. Einen treuherzig aus einer Blume blickenden Mops malte «Papi» Loriot seiner Tochter Bettina. Verleger Gerd Haffmans und seine Frau Susanne kamen gar in den Genuss eines Doppel-Mops. Diese Möpse stehen exemplarisch für Loriots so umfangreiches wie vielseitiges Werk. Ob als Zeichner und Cartoonist, als Autor, Schauspieler oder Regisseur: Der aus mecklenburgischem Adel stammende Humorist war ein Meister der zarten, geradezu gesitteten Ironie. Ihre Tiefgründigkeit wurde offenbar, wenn sie in Skurrilität kippte.
Mit «Stern» beganns
Schon seine ersten Arbeiten für die Illustrierte «Stern» verstörten die Lesenden, sodass Verleger Henri Nannen den Cartoon «Auf den Hund gekommen» nach sieben Folgen absetzte. Unterstützung erhielt Loriot daraufhin von einem jungen Zürcher: Daniel Keel gab 1954 Loriots Hunde-Cartoons als zweites Buch seines kurz zuvor gegründeten Diogenes Verlags heraus.
Ab den 1960er-Jahren eroberte Loriot mit Fernsehsendungen – später auch Kinofilmen – das Publikum. Anlässlich des 90. Geburtstages sind verschiedene Programme mit Sketches wie «Vertreterbesuch» oder «Das Frühstücksei» am Fernsehen zu sehen und am Radio zu hören.
Trotz seiner medialen Erfolge als Autor, Regisseur und Schauspieler hat Loriot zeitlebens weitergezeichnet: Cartoons, Bilder, Grafiken. Möpse und anderes Getier, vor allem aber seine allbekannten Knollennasen-Figuren. Als solche aquarellierte er Ende der 90er-Jahre auch einige «Grosse Deutsche». Die Serie erschien 1998 als Buch bei Diogenes – jedoch unvollständig, wie nach Loriots Tod klar wurde. Im Nachlass fand Susanne von Bülow nämlich zahlreiche weitere Knollennasen-Genies wie Richard Wagner, Friedrich Nietzsche oder Thomas Mann, die sie in die «Spätlese» aufnehmen konnte.
In diesem erfreulich dicken Buch sind zudem die «Nachtschattengewächse» zu entdecken, mit denen sich Loriot von einer anderen, bisher unbekannten Seite zeigt. In den letzten Lebensjahren nämlich begegnete er seinen chronischen Einschlafstörungen mit dem Malen von bunt-verspielten Fantasiewesen. Für diese Bilder liess sich Loriot von Meistern des Kubismus oder Surrealismus inspirieren: Picasso und Braque, Malewitsch und Miró. Entstanden sind eigentliche Kunst-Karikaturen, die zeigen, welch begnadeter Kunstmaler in Loriot steckte.
Mehr ist von diesem noblen Universalhumoristen nicht zu erwarten. Schade, denn der Journalist Peter Kümmel hatte recht, als er einst so treffend in «Die Zeit» schrieb: «Ein Leben ohne Loriot ist möglich, aber sinnlos.»
Vielseitiger Humorist
Vicco von Bülow wurde 1923 in eine mecklenburgische Adelsfamilie geboren, deren Wappen den Singvogel Pirol – französisch: Loriot – zeigt. Nach Notabitur und Kriegseinsatz besuchte er die Kunstakademie Hamburg. Ab 1950 war er als Cartoonist für «Stern», später für «Quick» und «Pardon» tätig. Ab 1967 moderierte er TV-Sendungen für die ARD, in die er eigene Sketches einbaute. 1988 folgte der Kinofilm «Ödipussi», 1991 «Papa ante Portas». Loriot war auch als Autor, Schauspieler, Opernregisseur und Professor tätig. Er starb im August 2011 am Starnbergersee, wo er seit 1963 gelebt hatte.
Bücher von Loriot
«Spätlese»
370 Seiten
(Diogenes 2013).
«Gästebuch»
Fotografien
176 Seiten (Diogenes 2013).
Hörbuch
Stefan Lukschy
Der Glückliche schlägt keine Hunde.
Ein Loriot-Porträt.
4 CDs, ca. 300 Minuten
(Random House 2013).
Ausstellung
Spätlese
Bis So, 12.1.
Literaturhaus München
www.literaturhaus-muenchen.de
Radio
Loriots Abend, seine besten Sketches (1990)
Sa, 9.11., 14.00 Ö 1
Mo, 11.11., 14.05
Radio SRF 1
Fernsehen
Ödipussi: Spielfilm (1987)
So, 10.11., 13.15 Das Erste
Deutschland, deine
Künstler: Loriot (2011)
Mi, 13.11., 22.45 RBB
90 Jahre Loriot – die grosse Geburtstagsshow
Sa, 16.11., 20.15 NDR