Bis vor wenigen Jahren stand er jeden Tag als Chirurg im Operationssaal eines Spitals in Rom. Nach Feierabend dann setzte der Dottore das Skalpell an der eigenen Seele an und fasste seine Selbst-Diagnosen in Wörter und Melodien. Diese medizinisch-­poetische Doppelrolle spielte Mimmo Locasciulli seit 1975: Die Anzahl Operierter ist unbekannt, seine Diskografie umfasst 18 Alben, das letzte mit Titel «Cenere» ist soeben erschienen.

Lange Zeit galt Locasciulli als Avantgardist unter den Cant­autori und wurde mit Tom Waits verglichen. Er untermalte seine melancholischen Lieder mit rumpelnden Blues-Rhythmen und sang mit rauem Timbre Geschichten aus verwinkelten Gassen, von streunenden Katzen und verlassenen Ehemännern – begleitet von US-Jazzern wie Bassist Greg Cohen, der tatsächlich mit Tom Waits spielte, ­Gitarrist Marc Ribot oder Stardrummer Joey Baron. Aber auch Italo-Jazzer lud er ein wie Klarinettist Gabriele Mirabassi oder Trompeter Paolo Fresu.

Und immer wieder Büne Huber. Mit dem Sänger und Songschreiber von Patent Ochsner verbindet Locasciulli eine langjährige Freundschaft, schliesslich gilt auch Huber als Liedermacher der nonkonformistischen Melancholikerzunft. Neun Jahre nach seinem letzten Album «Idra» legt Mimmo Locasciulli nun «Cenere» vor. Darauf sind auch Büne Huber und Patent-Ochsner-­Drummer Andi Hug zu hören. Bester Anlass für den 69-jährigen Dottore aus Rom, seine Berner Freunde zu den Schweizer Konzerten auf die Bühne zu bitten.

Konzerte
Mi, 12.12., 20.00 Werkstatt Chur
Do, 13.12., 20.00 Guggenheim Liestal BL
Fr, 14.12., 20.15 Rössli Mogelsberg SG (auf Anmeldung)
Sa, 15.12., 21.00 Mühle Hunziken Rubigen BE

CD
Mimmo Locasciulli
Cenere 
(Hobo 2018)