Am Anfang stand ein «Wassermarsch». Über 700 Kilometer wanderten acht Aktivisten der Hamburger Gruppe Viva con Agua de Sankt Pauli nach Basel zum Eröffnungsspiel der Fussball-EM 2008. Sie landeten auch im Radiostudio bei Danielle Bürgin. «Ich habe mich damals sogleich in die Initiative und die Menschen hinter der Idee verliebt», erklärt die 47-jährige Baslerin.
Kurz darauf gründete sie mit Gregor Anderhub den Verein Viva con Agua Schweiz, dessen Ziel es ist, weltweit allen Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser, Hygieneeinrichtungen und sanitärer Grundversorgung zu verschaffen. Dabei steht der Grundsatz «Alle profitieren» im Zentrum, wie Bürgin sagt: «Man hilft anderen Menschen und profitiert gleichzeitig, weil man bei einem tollen Netzwerk dabei ist und soziales Engagement mit Musik, Sport und Kultur verbinden kann.»
Weltmusik weitab der Hitparade
Gemeinsam mit Sandro Bernasconi, Leiter Musik bei der Kaserne Basel und heute Festivalleiter, reifte darauf die Idee eines Open-Air-Festivals auf dem Kasernengelände in Basel. 2010 fand das erste Viva con Agua & Kaserne Basel Festival statt, das nach mehreren Namenswechseln zum Polyfon Festival Basel gewachsen ist, einem Kleinod in der sonst kommerziell orientierten Festivallandschaft. Doch was machen sie anders in Basel?
Statt wie früher auf Headliner wie die Hamburger Rapper «Beginner» zu setzen, stehen nun exotischere Künstler auf der Bühne: Der britische Electronica-Tausendsassa Floating Points etwa, die Psychedelic-Rocker Kikagaku Moyo aus Tokyo oder das peruanische Duo Dengue Dengue Dengue, das Cumbia-Rhythmen und elektronische Sounds mit einer abgedrehten Show verbindet.
Bewusst wird versucht, Länder einzubinden, die oft untervertreten sind. So tauschten beim Projekt «Transmitting Voices» algerische und Schweizer Musiker – coronabedingt nur digital – über ein Jahr hinweg Klänge aus, die nun live auf die Bühne kommen und als EP erscheinen.
Programm zum Entdecken und Mitmachen
Abgesehen von der musikalischen Polyrhythmik, steht das «Poly» im Namen auch für Diversität. Danielle Bürgin, die neben ihrer Arbeit als Moderatorin und Co-Programmleiterin bei Radio X auch unregelmässig als DJ Féline auftritt und Teil des Programmteams ist, bringt den Anspruch auf den Punkt: «Wir möchten ein Entdeckerfestival im weitesten Sinne sein und neben dem Musikprogramm weitab der Hitparade auch zum Entdecken, Mitmachen, Informieren und Lernen einladen.»
Statt klassisches Event-Business zu betreiben, setzt man auf Partizipation: Workshops wie das «Art Lab» der Fondation Beyeler oder Einblicke ins Produzieren von elektronischer Musik bei «Rhyverb» finden ebenso Platz wie die Kleidertauschbörse «Walk in Closet» oder der Wein-Einsteigerkurs «Weinbanausen». Das Gratisangebot auf dem Kasernenareal wird um Open-Air-Konzerte auf der eigens konzipierten Holzbühne ergänzt. Kosten tun nur die abendlichen Shows in der Kaserne. Und auch da wird auf Nachhaltigkeit gesetzt: So reisen die Post-Punker Viagra Boys aus Schweden mit dem Zug an.
Polyfon Festival Basel
Do, 12.8.–Sa, 14.8.
Kasernenplatz & Kaserne Basel
www.polyfon.ch