Dieser Mann weiss sich zu inszenieren. Niemand kennt seinen wahren Namen, seinen Jahrgang lässt er mit 1982 oder 1983 kolportieren, und wenn er Konzerte gibt, trägt er eine Stiermaske. Lambert schafft es in Zeiten des gläsernen Menschen, anonym zu bleiben. Nur schon diese Leistung macht den Pianisten aus Hamburg mit Wohnsitz Berlin zum Phänomen. Kommt hinzu, dass seine Musik unwiderstehlich einnehmend ist, obwohl sie in ihrer simplen Schönheit hart am Kitsch vorbeischrammt. Aber sie hinterlässt den wohligen Eindruck, als habe man sie schon immer gekannt.
Musik mit hypnotischer Wirkung
Lamberts Piano-Miniaturen tragen die Reinheit von Bach-Fugen in sich. Sie erinnern an die Akkordkaskaden von Ludovico Einaudi, die mittlerweile zum Repertoire aller italienischen Strassenmusiker gehören. An die französische Piano-Tradition vom Pariser Dadaisten Erik Satie bis zum bretonischen Träumer Didier Squiban. An die Solostücke des japanischen Filmkomponisten Ryuichi Sakamoto. An Meister eines melodiösen Minimalismus also, deren repetitive Muster hypnotische Wirkung erzielen.
Mit der pianistischen Reduzierung von Popsongs hat Lambert vor fünfeinhalb Jahren auf sich aufmerksam gemacht. Er bearbeitete Hits von Bands wie Deichkind oder Boy und platzierte diese «Re-Works» auf der Video-Plattform Youtube. In diesen Clips zeigte er sich – bereits die sardische Stiermaske tragend – als einsamer Wanderer in kargen Landschaften, die Melodien mit seinen Fingern in die Luft tastend, auf Steine, Moos oder Wasser tippend. Mit solch romantisierendem Gestus sprach Lambert all jene an, die der Alltagshektik mittels Rückzug in die Reduktion und ins Wahrhaftige begegnen.
Und das waren viele! Von solchem Echo animiert, gab Lambert ab 2014 auch Konzerte und legte ein erstes Album mit eigenen Kompositionen vor. In Interviews bestätigte der mysteriöse Musiker damals sein Image, sprach von seiner Wertschätzung des Puristischen, seiner Liebe zum Analogen. Dies sollte sich ändern, als er mit zunehmendem Erfolg zu einem Majorlabel wechselte. 2017 erschien das Album «Sweet Apocalypse», auf dem Lambert mit teils opulenter Bandbegleitung und umwallt von Synthesizerwolken erklang. Ein Jahr später kooperierte er für «Exodus» mit dem Hamburger Produzenten Martin Stimming, was den Sprung ins Digitale zur Folge hatte.
Offenbar wurde es dem einst einsamen Wolf – respektive
Stier – am Piano dann doch zu bunt und schrill. Letzten Herbst kehrte er mit «True» zumindest ansatzweise zu seiner ursprünglichen Ästhetik zurück. Zwar wechselt er vom analogen Piano auch mal zu den Keyboards, im Hintergrund sind Gitarren, Trommeln und elektronische Einsprengsel zu hören. Der Grundtonus aber klingt wieder nach Lambert, nach der simplen Schönheit karger Reduktion. Mit «True» startet Lambert demnächst zu einer Nordamerika-Tournee. Zuvor gastiert er in der Schweiz und im nahen Vorarlberg.
Konzerte
Mi, 26.2., 20.00 Kaserne Basel
Do, 27.2., 20.30 Spielboden Dornbirn (A)
Fr, 28.2., 21.30 Studio Foce Lugano
www.listentolambert.com
LP/CD
Lambert
True
(Mercury 2019)