Plötzlich waren sie in aller Ohren. «DüDaDo» sangen sie und berichteten von Gedankenspielen während einer Fahrt mit dem Postauto. Nein, Dachs singen keine Kinderlieder, aber bunt verspielt kommen ihre Songs durchaus daher. Die beiden Mittzwanziger Basil Kehl und Lukas Senn mischen sich auf Synthesizers und Drummachines einen wolkig wabernden Electropop zusammen, der heiter stimmen kann. Darüber legen sie Songzeilen, die wie nostalgische Schnappschüsse aus dem Schweizer Provinz-Alltag klingen: «Lueg mal! DüDaDo, döt fahrt jo no e Postauto.» Um den restlichen Text zu verstehen, ist ein Nachlesen im CD-Booklet angesagt, denn Basil Kehl singt erstens in quietschend hohem Falsett und zweitens in schneidend grellem St. Galler Dialekt.
Dazwischen blitzt Ironie auf
Diese sprachlich-musikalische Mixtur war neuartig, als Dachs vor exakt einem Jahr ihr Debütalbum «Immer schö lächlä» vorlegten. Zwar ist auch Manuel Stahlberger ein St. Galler, er singt aber deutlich tiefer und musikalisch nüchterner. Und der Falsett-Gesang der Band Jeans For Jesus kommt im gemütlichen und pop-erprobten Bärndütsch daher. Dachs machten also hellhörig und punkteten bei Medien wie beim Publikum. Wer sich die eingängigen Songs mit dem Textblatt in der Hand anhört, merkt: Dachs klingen wohl verspielt und heiter, singen aber doppelbödig. Der radio-taugliche Postauto-Song kritisiert letztlich die Leistungsgesellschaft, der Ohrwurm «Bischofszell» sympathisiert mit Verlierern, «Morgarte» ist gar eine Dystopie im fernen Jahr 2315.
Immerhin bis ins absehbare 2070 schaffen es Kehl und Senn auf ihrem eben erschienenen Zweitling. Im Song «Mandala» sitzen sie als «alti Seck» im Heim und zeichnen – ein Mandala. Untermalt von entsprechend einlullenden Melodieloops, sinnieren sie über den Verlust ihrer Jugend. Im Titelsong «Zu Jeder Stund En Vogelgsang» staunt ein Paar über das allmähliche Abhandenkommen von Freunden. Ein Drummer trauert über seinen Rauswurf aus der Band, ein Liebender hält Rückschau auf verpasste Chancen.
Melancholie prägt das neue Dachs-Album, wobei die Ironie noch immer aufblitzt. Im an sich tieftraurigen Song «S’Isch Alles Nur E Lüg Gsi» singt ein verhinderter Rock ’n’ Roller: «Bin äbä au ä chlises Amy Winehäusli, han äbä au immer da Gnusch mit äm Rusch.» Und ein Sterbender verkündet in «Wenni Denn Nüm Schnufä», er sitze über den Wolken und nehme «no än Campari, aber ein mit Saft».
Genaues Hinhören lohnt sich
Auch musikalisch zeigen sich Dachs nüchterner und mithin gereifter. Die Klangbilder sind weniger funkelnd, die Arrangements nicht mehr gar so aufgeblasen. Dies gibt den Songs klarere Strukturen und macht auch Basil Kehls Gesang verständlicher. Und genaues Hinhören lohnt sich bei Dachs, auch wenn die Musik Background-Modus signalisiert.
Konzerte
Fr, 6.3., 22.00 Palace St. Gallen (CD-Taufe)
So, 8.3., 20.00 Werkstatt Chur
Do, 12.3., 21.00 Albani Winterthur
Fr, 13.3., 20.00 Zukunft Zürich
www.dachsmusic.ch
CD
Dachs
Zu Jeder Stund En Vogelgsang
(Mouthwatering Records 2020)