Sounds: Dämmriger Retro-Pop
Das Zürcher Quartett Kush K liefert den passenden Soundtrack zu diesem verhaltenen Sommer. Das Album «Lotophagi» hört sich an wie ein verkaterter Weckruf.
Inhalt
Kulturtipp 15/2020
Frank von Niederhäusern
So klangen vernebelte Abende in düster vollen Kellern, die einzig von den kreisenden Punkten der Disco-Kugel illuminiert wurden und deren Zauber in den darauffolgenden Nachmittagen erst versickerte. So klangen tieflange einsame Nächte, die den immerselben Song brauchten, um Antworten auf drängende Fragen zu liefern. Das junge Quartett namens Kush K holt längst vergangene Zeiten zurück, die es selbst gar nicht erlebt haben kann. Mit wolkigem Dreamer-Sound zel...
So klangen vernebelte Abende in düster vollen Kellern, die einzig von den kreisenden Punkten der Disco-Kugel illuminiert wurden und deren Zauber in den darauffolgenden Nachmittagen erst versickerte. So klangen tieflange einsame Nächte, die den immerselben Song brauchten, um Antworten auf drängende Fragen zu liefern. Das junge Quartett namens Kush K holt längst vergangene Zeiten zurück, die es selbst gar nicht erlebt haben kann. Mit wolkigem Dreamer-Sound zelebriert es den analogen Folkpop der späten 60er und dehnt ihn bis in die synthetisch funkelnden 70er und 80er.
Die Band aus Zürich und Luzern hat sich 2017 gefun-den. Nach der wenig beachteten EP «Slow Saturation» 2018 ist nun das ausgewachsene Album «Lotophagi» erschienen. Eingeläutet wird es vom Heuler-Song «Forever Only», den die Musikredaktion von SRF 3 im Winter bereits als einen der vielversprechendsten des angebrochenen Jahres taxiert hatte: eine verspielte Uptempo-Nummer mit wohligem Retro-Touch dank tänzelnd ploppender Gitarre und dezentem Hippie-Örgeli. Darauf folgen sieben Songs, die teils wie ein irrer Mix aus Roxy Music und Pink Floyd klingen, dann wieder nach der ruralen Urkraft eines Tom Waits. Und die den Albumtitel rechtfertigen.
Bei den «Lotophagi» handelt es sich nämlich um ein mythisches Volk aus Homers «Odyssee». Es lebt auf einer Insel und ernährt sich von Lotos-Früchten, die betäubend wirken. Diesen eher akademischen Unterbau ihres Albumtitels ergänzen Kush K mit weit handfesteren Erklärungen. Die Songs von Bandleaderin und Tastenfrau Catia Lanfranchi würden von der Band «eingelaufen wie neue Schuhe. Sie wandert so lange darin herum, bis es sich gut anfühlt.» Zu Lanfranchis wohlig tiefer Leadstimme gesellen sich übrigens die Stimmen von Gitarrist und Bassist Pascal Eugster, von Flügelhornist Nicola Habegger und Drummer Paul Amereller.
Die Band ist noch vor der Sommerpause auf der Schaffhauser Kammgarn-Terrasse zu hören und – via Gratis-Stream – aus dem Zürcher Moods. Im Oktober dann startet sie verspätet zur Album-Release-Tour.
Konzerte
Do, 9.7., Moods Zürich
(kostenloses Stream-Konzert via www.moods.digital)
Do, 16.7., 20.30 Kammgarn Schaffhausen
www.kush-k.com
CD
Kush K
Lotophagi
(BlauBlau Records 2020)